Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Frankenstein“ (OF) 8. 6. im Arsenal 2

Den Anfängen der Filmkritik im Fernsehen widmet sich die Reihe „Cinéma de notre temps – Filme über Filmemacher“, die das Arsenal bis Ende Juli zeigt. Von Janine Bazin und André S. Labarthe 1964 begründet, porträtierte die ursprünglich „Cinéastes de notre temps“ betitelte Fernsehserie bekannte Regisseure, indem die Macher aktuelle Selbstzeugnisse der Filmschaffenden mit Ausschnitten aus deren Werken verbanden. Ab 1988 erlebte die Serie auf La Sept Arte noch einmal eine Neuauflage: Zum einen wurden die alten Beiträge restauriert und mit frischen Einführungen der Autoren versehen, zum anderen entstanden neue Sendungen über zeitgenössische Regisseure. Den Auftakt zur Reihe im Arsenal macht der Beitrag „Bresson, ni vu ni connu“ (Robert Bresson, unerkannt; 1965), der neben Ausschnitten aus den Robert-Bresson-Filmen „Pickpocket“ und „Procès de Jeanne d’Arc“ ein Interview mit dem Regisseur enthält, in dem dieser seine Theorien über den Unterschied zwischen Kino und Kinematografen ausführt. Das Kino, so Bresson, sei nämlich nichts anderes als fotografiertes Theater, da die Mimik und Gestik der Schauspieler von der Bühnenkunst geprägt seien und die Psychologie der Geschichten dem Wort generell eine zu große Bedeutung beimäßen. Er glaube jedoch, dass die Form den Menschen viel eher „erziehe“ als der Inhalt. Sein Kinematografen-Film produziere deshalb Bilder, die nicht von einer anderen Kunst geprägt seien: „Keine Kunst ohne Transformation“, lautet Bressons Motto, der in den Gesten seiner Darsteller den Automatismus des Alltags suchte und in seinen Filmen Emotionen erzeugte, indem er die Emotionen zurücknahm. Doch nicht nur filmtheoretische Erörterungen stehen im Mittelpunkt des Gesprächs: Nebenbei erklärt Bresson die von Dostojewski beschriebene „administrative Ekstase“, erzählt Anekdoten aus seinem Pariser Wohnviertel und erläutert, warum der James-Bond-Film „Goldfinger“ beinahe ein Kunstwerk ist.

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„Bresson, ni vu ni connu“ 4. 6. + 5. 6. im Arsenal

Der gigantische Erfolg von „Dracula“ (1930) war schuld, dass man beim Filmstudio Universal nach einem geeigneten Nachfolgestoff Ausschau hielt und alsbald auf „Frankenstein“ verfiel, Mary Shelleys romantische Geschichte vom „modernen Prometheus“. Nachdem man ursprünglich einen Test mit dem Dracula-Darsteller Bela Lugosi in der Rolle des Monsters gemacht hatte, war doch recht schnell klar, dass man einen Schauspieler mit einer gänzlich anderen körperlichen Statur benötigte: Boris Karloff war der Glückliche, den die Figur mit der legendären Maske zum Superstar machte. Stilistisch orientiert sich der Film des britischen Regisseurs James Whale am deutschen Stummfilm der 20er: Die Dekorationen der Friedhofsszenen besitzen Anklänge an den Expressionismus, während für die Laboratoriumsszenen einige Einfälle aus Fritz Langs „Metropolis“ geborgt wurden. Wichtiger jedoch ist, dass man dank Karloffs Schauspielkunst hinter der Maske des deformierten Monsters mit dem Verbrechergehirn stets ein einsames, ausgestoßenes und kindgleiches Wesen erkennen kann. LARS PENNING