Grüner darf (noch) keine Daten schützen

Hamburgs Peter Schaar soll Datenschutzbeauftragter des Bundes werden. Doch Innenminister Schily beruft ihn nicht

BERLIN taz ■ Eigentlich hat sich Joachim Jacob seinen Ruhestand verdient. Am 2. Juli lief die Amstzeit des Bundesdatenschutzbeauftragten ab, zehn Jahre war der FDP-Mann Deutschlands oberster Datenschützer. Doch erst einmal muss der 64-Jährige nun weiterarbeiten: Die Bundesregierung wollte seinen Nachfolger bislang noch nicht ins Amt heben.

Denn der Kandidat Peter Schaar, ehemaliger Vize-Datenschutzbeauftragter in Hamburg und aufgestellt von den Grünen, hat in der Hansestadt einen kleinen Skandal an der Hacke – einen sehr kleinen. Dies gilt jedoch im Ministerium von Otto Schily (SPD) als Grund dafür, dass sich der Innenminister noch nicht zu dem Grünen bekennt und ihn zum offiziellen Regierungskandidaten macht.

Mitte Juni schrieb die Welt, dass Schaar als Unternehmer für seine ehemalige Behörde tätig geworden sei. In der Tat hat Schaar die von ihm entwickelte Software der Hamburger Datenschutzbehörde noch ein paar Wochen überwacht, als er sich mit seiner Datenschutz-Firma PrivCom im November 2002 bereits selbstständig gemacht hatte. Er soll dafür 2.000 Euro bekommen haben. Die Welt prangerte nun an, dass weder Schaar selbst noch sein Exchef, der Hamburger Datenschützer Hans-Hermann Schrader, daran „etwas Anrüchiges“ fanden. Der Rest der Stadt übrigens auch nicht: Die Geschichte blieb in Hamburg weitgehend folgenlos.

In Berlin dagegen wird das Schicksal Schaars plötzlich als Geheimsache behandelt: Offiziell mochte sich gestern niemand dazu äußern, ob und wann Schaar als Bundesdatenschutzbeauftragter bestätigt wird. Die Grünen haben im Koalitionsvertrag 2002 der SPD das Vorschlagsrecht für dieses Amt abgerungen – „schließlich sind die Grünen die Bürgerrechts- und Datenschutzpartei“, erklärte der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele der taz.

Bis sie sich im Mai dieses Jahres auf einen Kandidaten einigen konnten, hat es freilich ein Weilchen gedauert. Gegen Schaar trat neben anderen Thilo Weichert an. Weichert hat zwar auch ein grünes Parteibuch, gilt aber mehr noch als Bürgerrechtler. Er ist heute Vize-Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein. Die dortige Landesbehörde glänzt mehr als jede andere mit ausgefeilten Datenschutz-Projekten. Mit Schaar haben sich die Grünen für einen alten Bekannten der Chefin der grünen Bundestagsfraktion, Krista Sager, entschieden – als er von 1997 bis 2000 Co-Chef der Hamburger GAL (so heißen die Grünen dort) war, amtierte Sager dort als Senatorin.

Anlass, Schily zum Handeln zu drängen, sah man bei den Grünen gestern nicht. In Jacobs Behörde hieß es, der Chef werde bestimmt noch bis Herbst im Amt bleiben – schließlich müsse nun erst das Ende der parlamentarischen Sommerpause abgewartet werden, um einen neuen Bundesdatenschutzbeauftragten zu wählen. „Ist halt dumm gelaufen“, sagte ein Sprecher Jacobs. ULRIKE WINKELMANN