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Archiv-Artikel

Pi mal Daumen pro Quadratmeter

„Wir geben keine geschönten Zahlen heraus“, sagt Polizeisprecher Peter Daube und erklärt, wie die Polizei die Raverzahl ermittelt. Sogar die, die sich unter dem Laub des Tiergartens verstecken, können mitgezählt werden

taz: Herr Daube, wer lässt sich besser zählen: halb nackte Raver oder halb vermummte Demonstranten?

Peter Daube: Da gibt es eigentlich keinen Unterschied. Wobei den Beamten, die zu zählen haben, die Arbeit sicherlich mehr Spaß macht, wenn sie halb nackte Raver sehen. Steht ja wohl außer Frage.

Wie zählt man denn, sagen wir mal, 500.000 Menschen?

Ganz einfach: Wir zählen die Füße und teilen die Summe durch zwei. Das ist natürlich ein Scherz.

Und im Ernst? Besteht da nicht die Gefahr, den ein oder anderen doppelt zu zählen?

Im Ernst: Bei der Love Parade ist das Zählen sogar ein relativ einfaches Unterfangen. Wir steigen dreimal am Nachmittag mit dem Hubschrauber auf und schauen uns das Ganze von oben an. Die Strecke ist ja zum Glück sehr übersichtlich: Vom Ernst-Reuter-Platz bis zum Brandenburger Tor, 4 Kilometer lang und 80 Meter breit. Macht zusammen 320.000 Quadratmeter.

Dafür braucht man doch keinen Hubschrauber?

Doch, aus der Luft kann man besser einschätzen, wie gedrängt die Menschenmasse steht. Wenn es richtig packevoll ist, dann stehen acht Leute auf einem Quadratmeter. Zu viert steht man dagegen recht bequem. Diese Zahl wird dann einfach auf die Gesamtfläche hochgerechnet. Das war’s.

Und das funktionert?

Das ergibt natürlich keine genaue Zahl, nur so Pi mal Daumen. Aber es geht. Probieren Sie’s mal aus, wenn Sie Zeit haben! Zeichnen Sie sich einen Quadratmeter auf, und stellen Sie sich mit ein paar Kollegen rein.

Okay. Und was passiert mit den Ravern, die sich geschickt unter dem Laub des Tiergartens verstecken?

Die werden natürlich mitgerechnet. Und weil man von oben nicht durch die Bäume schauen kann, müssen die Kollegen unten helfen. Im Einsatzabschnitt „Parade“ sind ja ausreichend Mitarbeiter postiert, die uns Zeugnis davon geben können, ob da im Tiergarten eine Völkerwanderung stattfindet oder ob sich da nur wenig tut.

Warum kommt es trotz all der Mühe trotzdem immer wieder zu Streit über die Teilnehmerzahl?

Wir streiten nicht. Es ist auch gar nicht unsere Aufgabe, die gesamte Teilnehmerzahl zu schätzen. Uns interessiert im Grunde nur die taktische Zahl. Das ist die Zahl, die ich brauche, um die Lage zu bewerten. Wie viele Leute sind im Gelände? Kann ich da überhaupt noch jemanden hinlassen? Deshalb interessiert uns eigentlich auch nicht die Zahl, die der Veranstalter verkündet.

Hand aufs Herz, schon mal geschummelt?

Nein, dazu haben wir gar keinen Anlass. Es gibt ja immer zwei Zahlen. Die, die wir machen, und die vom Veranstalter. Deshalb geben wir auch keine beschönigte Zahl heraus, nur weil die dem Veranstalter vielleicht besser gefällt. Wenn es ganz große Diskrepanzen gibt, sagen wir dann lieber „nach Angaben des Veranstalters“. Es ist ja nicht unsere Aufgabe, dem Veranstalter das Geschäft zu vermasseln. Das ist uns völlig egal.

INTERVIEW: JAN ROSENKRANZ