Gespalten: Brasilien hat eine neue Linkspartei

Ehemalige PT-Rebellen wollen Präsident Lula mit der „Partei des Sozialismus und der Freiheit“ unter Druck setzen

PORTO ALEGRE taz ■ Brasiliens Linke formiert sich neu. Zusammen mit gut 700 Gleichgesinnten haben die vier im letzten Dezember aus der Arbeiterpartei PT ausgeschlossenen ParlamentarierInnen in Brasília die „Partei des Sozialismus und der Freiheit“ gegründet. Angelehnt an das Kürzel P-SOL ist die Sonne das Symbol der neuen Partei.

Als Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen 2006 wird die populäre Senatorin und neue Parteichefin Heloísa Helena antreten, deren Marginalisierung in der PT schon 2002 begonnen hatte. Die nötigen 438.000 Unterschriften dürften problemlos zusammenkommen.

Auch prominente Intellektuelle wie der Soziologe Chico de Oliveira oder der Philosoph Paulo Arantes gehören zu den Gründungsmitgliedern. „Die Sonne ist die Zuflucht für die demokratische Linke, die sich dagegen entschieden hat, sich am Bankett der Macht zu bekleckern“, sagte Helena, die auf dem Gründungskongress ihren 42. Geburtstag feierte.

Ein Schuldenmoratorium, der Bruch mit dem IWF, eine umfassende Landreform und die Ablehnung der FTAA-Freihandelszone gehören zu den populärsten Forderungen der „antikapitalistischen, antiimperialistischen“ Partei. Der erste Programmentwurf enthält das ganze Spektrum globalisierungskritischer Ansätze.

Strategisch gehe es um den Neuaufbau der sozialistischen Idee, die „untrennbar mit Freiheit und Demokratie verbunden“, aber durch die stalinistischen Regime und den sozialdemokratischen Dritten Weg gleichermaßen „dekonstruiert“ worden sei.

Paradoxerweise kann die P-SOL als besten Verbündeten auf die Regierung Lula zählen. Die Frustration über den rigiden Sparkurs von Finanzminister Antoni Palocci wächst schneller als das Bruttoinlandsprodukt, zumindest unter den Wählern Lulas. Ihren nächsten Kongress hält die P-SOL im Januar ab – in Porto Alegre, während des Weltsozialforums. GERHARD DILGER