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Archiv-Artikel

Monsterparty

Die Ärzte beweisen auf ihrer Nord-Tournee, dass Punk auch für einen Galaabend taugt

„Wollt ihr mitsingen? Und ihr? Und ihr?“, Farin Urlaub, Sänger und Gitarrist der Band Die Ärzte, zeigt ins Rund der gut gefüllten Hamburger Color Line Arena. „Hipp Hipp Hurra, alles ist super, alles ist wunderbar!“, singt er. Glücklich singen die 12.000 Besucher mit, mal stumm, mal laut, mal mit gereckten Armen, mal mit gehörnten Fingern.

Es ist Mittwochabend, und zum zweiten Mal seit vergangenem Dezember gastieren Die Ärzte auf ihrer „Unrockbar“-Tour in Hamburger. Wieder ist die Halle ausverkauft. Zwei absurd große Verstärkertürme stehen auf der Bühne, mittig das Schlagzeug von Bela B. Felsenheimer. Dazu wird außergewöhnlich gutes Licht gesetzt, in satten Farben, lila meist oder hell- bis türkisgrün. Am wichtigsten aber sind die drei Verfolger, die die Helden stets perfekt ausleuchten. Wie auf einer großen Theaterbühne stehen sie dann da, schwarz der Hintergrund, flach, sehr breit und leer geräumt die eigentliche Bühne, und die Spots illuminieren Farin Urlaub, 40, den Hamburger Bela B., 38, und Bassist Rod Gonzales, 41.

„Es ist nicht deine Schuld / dass die Welt so ist / es wäre nur deine Schuld / wenn sie so bleibt“, tragen sie dann altklug vor. Wer möchte dem nicht zustimmen? Also sind alle gekommen. „Wisst ihr noch im Dezember im letzten Jahr genau hier?“ Alle jubeln, weil alle dawaren. Doch warum nur? Was ist so schön daran, immer wieder zu Die Ärzte zu gehen? Ganz klar die „Monsterparty“, wie ein Lied auch betitelt ist. Denn sie sind eine Band, bei der klar ist, dass die Musiker nicht nach einer guten Stunde die Bühne verlassen.

Vielmehr bieten Die Ärzte beste Abendunterhaltung, fast möchte man ergänzen: für die ganze Familie. Es gibt witzige Punkrock-Nummern, die deutsche Musikgeschichte sind, ein paar Schunkel-Knutsch-Balladen, Kostümwechsel und ein Unplugged-Set zum Ende hin.

Das Publikum feiert die Entertainer: der Langhaarige im Metallica-Shirt. Ein paar seltene Punks. Blasse Studenten. Der 40-jährige Pärchenausflug mit den Nachbarn. Auch Familien sind da, bei denen man sich fragt, wer hier wen mitgeschleppt hat: Die 13-Jährige im „Unrockbar“-T-Shirt ihre braven Eltern, um zu zeigen, was sie richtig gut findet. Oder eben diese ihre Tochter, um zu zeigen, was sie in ihrem Alter getan haben – nämlich rocken. Und zum Schluss stehen dann selbst die letzten Reihen, klatschen, springen und umarmen sich. Rockgrößen wie die Foo Fighters haben dagegen ein lethargisches Publikum.

Kurz vor Mitternacht verschwinden die Musiker mit dem Hinweis: „Wie es weiter geht, erfahren Sie auf der nächsten Platte.“ Eine never-ending story. Vor dem Ausgang liegen konfiszierte Nietengürtel mit Abholschein, im Shuttlebus laufen Die Ärzte vom Band, und in der anschließenden S-Bahn wird munter weitergesungen. Volker Peschel

Weitere Ärzte-Termine im Norden: heute, 20 Uhr, Kiel (Ostseehalle)