: Labour verliert englische Kommunalwahlen
Die Wahlbeteiligung lag deutlich höher als sonst bei Kommunalwahlen in Großbritannien – zum Teil wegender versuchsweisen Einführung einer Briefwahlpflicht, die aber zu massiven Betrugsvorwürfen geführt hat
DUBLIN taz ■ Vom „schlechtesten Ergebnis für eine Regierungspartei in der Geschichte“ sprach jubelnd der Geschäftsführer der Konservativen, Liam Fox; von einem „Schatten auf unsere Wahlkampagne“ durch den Irakkrieg Premierminister Tony Blair. Dass Großbritanniens regierende Labour-Partei bei den Kommunalwahlen in Teilen Englands und Wales am Donnerstag ersten Prognosen zufolge hinter die Konservativen und die Liberaldemokraten auf den dritten Platz zurückfiel, wurde gestern weithin als die erwartete Quittung für den Irakkrieg gewertet. Gewinne gab es auch für die Grünen und die für den EU-Austritt eintretende „UK Independence Party“, während die rechtsextreme British National Party (BNP), die sich vor allem in Nordengland gute Chancen ausgerechnet hatte, sich gegenüber den letzten Wahlen nicht verbessern konnte.
Die Tories kamen nach BBC-Hochrechnungen auf rund 38 Prozent der Stimmen – vor den Liberalen mit 30 und Labour mit 26 Prozent. Liam Fox feierte die Wiederauferstehung der Konservativen in den Metropolen. „Der Erfolg hat unser Image als Partei für das ländliche England verändert“, sagte er. So fiel die Stadt Trafford bei Manchester an die Konservativen, die auch mehrere Städte im Südosten von den Liberalen zurückgewannen. In Manchester, Liverpool oder Oxford gibt es allerdings nach wie vor keinen einzigen konservativen Stadtrat. Die nordostostenglische Industriestadt Newcastle fiel nach 30 Jahren Labour-Regierung an die Liberalen.
Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei 40 Prozent – 9 Prozent mehr als im vorigen Jahr. Das lag zum Teil daran, dass die Regierung in vier Regionen versuchsweise die Briefwahl eingeführt hat. Eine andere Möglichkeit zu wählen, gab es für die betroffenen 15 Millionen Menschen in Englands Nordhälfte nicht.
Ein unabhängiger Kandidat will nun die Briefwahl gerichtlich annullieren lassen, weil die Stimmzettel viel zu spät herausgeschickt und darüber hinaus zahlreiche Wahlbetrügereien aufgedeckt wurden. So wurden einigen Wählern die Zettel unter Gewaltandrohung abgenommen. Die Polizei hat deswegen in Manchester und Lancashire Ermittlungen aufgenommen.
Ein Trostpflaster gab es für Blair in London. Die Bürgermeisterwahl in der Hauptstadt konnte der bisherige Amtsinhaber Ken Livingstone, der diesmal für Labour antrat, voraussichtlich für sich entscheiden. Hochrechnungen deuteten auf 35 Prozent der Stimmen für ihn hin, während der Tory-Kandidat Steve Norris auf 31 Prozent und Simon Hughes von den Liberaldemokraten auf 18 Prozent kamen. Allerdings hat Labour möglicherweise die absolute Mehrheit im Londoner Stadtrat eingebüßt.
RALF SOTSCHECK