: Online-Beratung zu Coming-Out und Gewalt
„Rubicon“, das Kölner Beratungszentrum für Lesben und Schwule, bietet in einem Modellprojekt Hilfe im Internet an. Wer online Fragen stellt, muss seinen Namen nicht nennen, weiß aber immer, mit wem er gerade kommuniziert
KÖLN taz ■ „So ist es noch einfacher, mit uns in Kontakt zu treten“, freut sich Martin Heinze. Seit Mai macht der Pädagoge mit seiner Kollegin Almut Dietrich Online-Beratung im „Rubicon“, dem Kölner Beratungszentrum für Lesben und Schwule. Im Rahmen eines Modellprojektes beteiligt sich das Rubicon als einzige lesbisch-schwule Beratungsstelle in Nordrhein-Westfalen an der Internetberatung, die vom Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW ins Leben gerufen wurde. Mit Fortbildungen, regelmäßigem Austausch und technischer Unterstützung fördert der Landesverband diesen neuen Weg für die Beratung.
Per E-Mail, im Themen- oder Gruppenchat und im Einzelchat können sich Ratsuchende an Rubicon wenden. Der größte Vorteil besteht für sie darin, dass sie ihre Anonymität wahren können. Mit einem erfundenen Namen können sie sich einloggen und einen Termin für einen Einzelchat vereinbaren. Sie können wählen, ob sie lieber mit einem Mann oder einer Frau chatten wollen. Denn die beiden Berater von Rubicon sind im Gegensatz zu ihnen nicht anonym im Netz.
Obwohl das Internetangebot erst seit Mai besteht und noch gar nicht aktiv von Rubicon beworben wurde, wird es bereits rege genutzt. „Seit dem Start hatten wir rund 30 Nutzer, die sich mit ihren Fragen und Problemen per E-Mail und im Chat an uns gewendet haben“, berichtet Heinze.
Je drei Stunden pro Woche sitzen er und seine Kollegin Almut Dietrich vor dem PC und beraten Lesben und Schwule, die zumeist im Alter zwischen 16 und 40 Jahre sind. Vor allem die Themen Coming-Out und Gewalt stehen derzeit im Vordergrund der Online-Beratung. „Das Internet bietet natürlich auch gerade Menschen, die nicht in der Stadt wohnen, einen sehr einfachen Zugang zu einem solchen Angebot“, lobt Heinze einen weiteren Vorteil des neuen Online-Services. Für ihn wäre ein persönlicher Kontakt aber immer besser. „Die Online-Beratung kann nur ein erster Schritt sein“, ist der Profi-Berater überzeugt.
Heinze ist einer von insgesamt sieben Mitarbeitern des Beratungszentrums, das seit seinem Umzug in die Rubensstraße im Jahre 2002 Rubicon heißt. Trägerverein ist das Sozialwerk für Lesben und Schwule, das bereits seit 1975 Homosexuelle in Köln berät.
Neben der klassischen Beratung unterstützt es auch Selbsthilfe-Initiativen von Lesben und Schwulen, etwa die Gruppe „Golden Girls“. Bei diesem offenen Angebot für Lesben ab 55 Jahren treffen sich derzeit rund 25 Frauen, um gemeinsam ihre Freizeit zu gestalten.
Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist das Thema Gesundheit. Rubicon bietet neben der Beratung und Prävention zu Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten auch bei psychischen Erkrankungen Unterstützung an. Außerdem wird hier die Seniorenarbeit und die Anti-Gewalt-Arbeit für Homosexuelle in Nordrhein-Westfalen koordiniert.
Seit acht Jahren ist Martin Heinze inzwischen dabei. Er sieht die Beratungsstelle sehr gut von der Community in Köln angenommen. Aus seiner Sicht ist eher die Politik das Problem, die an diesem Angebot gerne den Rotstift ansetzen würde. „Trotz der spürbaren Liberalisierung bleibt die Beratung auf jeden Fall notwendig und wird nicht überflüssig“, schreibt Heinze den Politikern ins Stammbuch, die die zunehmende rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen als Vorwand für Streichungen nutzen wollen.
Thomas Spolert