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Archiv-Artikel

Legaler Fremdenhass

In Dortmund marschieren morgen Rechte gegen den Neubau einer Moschee – und bleiben dabei von vornherein juristisch korrekt

„Ein Präzedenzfall wurde in Bochum nicht geschaffen. Eher eine Anleitung, wie man Demoanträge schreibt.“

von MIRIAM BUNJES

Die Dortmunder Rechten lassen sich nicht so leicht verbieten wie die Gesinnungsgenossen in Bochum: „Nein zu Multi-Kulti“, „Nein zu islamischen Zentren“ haben sie sich auf ihre Fahnen geschrieben, wenn sie morgen durch den Dortmunder Stadtteil Hörde ziehen. Konkret geht es der „Dortmunder Kameradschaft“ um den Neubau der Hörder Moschee des türkisch-islamisch Kulturvereins. „Hörde wird zum Türkenghetto“ hetzen sie im Internet und im „Klein-Anatolien“ entstünde eine „Großmoschee“, verbunden mit Mili Görus und sogar mit dem Kölner Kalifatstaat. Inzwischen wird bundesweit für den Aufmarsch geworben – schließlich würden überall solche Zentren aus dem Boden sprießen.

Volksverhetztend sei das, schrieb das Dortmunder Bündnis gegen Rechts deshalb an den Polizeipräsidenten Hans Schulze. Und: „Mit ähnlicher Begründung, mit der gegen den Aufmarsch der Neonazis in Bochum vorgegangen wurde, verlangen wir das Verbot für die Veranstaltung der Neonazis am 19. Juni.“

Tatsächlich zeigen das „Stoppt den Neubau der Synagoge – vier Millionen fürs Volk“ der Bochumer NPD und das „Nein zu islamischen Zentren“ der Dortmunder Braunen gegen den Neubau der Hörder Moschee ein Kontinuum auf: Wieder geht es gegen den Neubau eines Gotteshauses, wieder steht die juristische Handhabe mit extremen Positionen in der Kritik. „Ich habe damit gerechnet, dass die Rechten als nächstes die Moscheen angehen werden“, sagt Richter Ralf Feldmann. „Die Idee dahinter ist gleich: Einer Gruppe wird erklärt, dass sie unerwünscht ist.“

Allerdings bieten die Dortmunder Rechten deutlich weniger juristische Angriffsfläche als die Bochumer Synagogengegner. „Sie haben ihre Ziele in die Sorge um den Zustand eines Stadtteils und die Angst vor islamischen Terrorismus eingekleidet. Das ist ein juristisch kluger Schachzug“, sagt der Bochumer Richter. Er hatte sich Anfang des Jahres gemeinsam mit 23 Kollegen mit der Bitte um ein Demoverbot an den Bochumer Polizeipräsidenten Thomas Wenner gewandt. Im Unterschied zum Dortmunder Bündnis allerdings mit Erfolg. Wenner verbot den Aufmarsch – und in der letzten Instanz entschied das Bundesverfassungsgericht: „Der Aufruf richtet sich in volksverhetzender Weise gegen eine Bevölkerungsgruppe.“ Das Argument der Veranstalter, es ginge ihnen um die Verteilung von Steuergeldern, werteten die Verfassungsrichter als nebenssächlich – und stellten, für die Karlsruher Rechtssprechung ungewöhnlich, die historische Zielrichtung des Grundgesetzes höher als die Meinungsfreiheit.

Ein Präzedenzfall wurde damit noch lange nicht geschaffen, glaubt Ralf Feldmann. „Eher eine Anleitung wie man Demoanträge juristisch unanfechtbar schreibt.“ Im Demoantrag haben die Dortmunder Rechten um Christian Worch ihren Schwerpunkt auf die Sorge über eine Verslummung und Ghettoisierung Hördes gesetzt. „Mit einem Verbot wären wir vor Gericht nicht durchgekommen“, sagt Polizeisprecher Oliver Peiler. „Herr Worch weiß inzwischen, wie man Anträge schreibt und wir mussten schon mehrmals die Kosten für verlorene Gerichtsverfahren tragen.“

Um 11 Uhr startet an der Schlanken Mathilde in Hörde die Gegendemonstration des Bündnisses aus Kirchen, Gewerkschaften und bürgerlichen Parteien ohne die CDU. Warum die nicht mitmacht, blieb bis Redaktionsschluss unerklärt.