: In Gentech-Welt ist Bio kaum zu garantieren
Ökobauern bangen um die Reinheit ihrer Produkte: Genmanipulierte Pflanzen könnten sich mit ihnen mischen
BERLIN taz ■ Für die Biobauern geht es um ihre Existenzgrundlage. Die Einführung von genmanipulierten Pflanzen scheint in Deutschland nicht mehr aufzuhalten. Doch mit der Verbreitung dieser Pflanzen droht nach Ansicht der Öko-Landwirtschaft die Vermischung von Gentech- und Bioprodukten. Jetzt wollen sie in die Offensive gehen.
Anfang des Monats erst hatte das Europaparlament eine Kennzeichnungsverordnung für Lebensmittel mit Gentech-Zutaten verabschiedet. Doch jetzt fordert die EU von Deutschland und anderen Ländern, die EU-Freisetzungsrichtlinie für die Verbreitung von Gentech-Organismen in nationales Recht umzusetzen. Zudem klagt die USA vor der Welthandelsorganisation gegen das De-facto-Moratorium der EU zur Verbreitung von gentechnisch veränderten Produkten.
Auf den Druck reagieren die Biobauern nun mit einer Informationskampagne. In den nächsten Wochen sollen in Reformläden und ausgewählten Geschäften des Einzelhandels Plakate und Flyer auf die möglichen Risiken von Genfood hinweisen. „Wenn das EU-Moratorium schon nicht zu halten ist, muss es ein Nachfragemoratorium der Käufer geben“, sagt Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft.
Doch Löwensteins Sorge gilt nicht nur den Käufern, sondern auch den Ökobauern. Denn diese müssen um ihre Zukunft fürchten. Laut Gesetz sind sie verpflichtet, Gentech-frei zu produzieren. Doch mit der Verbreitung von gentechnisch manipulierten Organismen fürchten sie Verunreinigungen ihrer Ernten. Löwenstein: „Wir produzieren ja nicht unter einer Wasserglocke.“
Vorstellbar ist zum Beispiel, dass sich Ökoprodukte in Schüttgutcontainern mit Gentech-Produkten mischen. Auch Mähdrescher, die für verschiedene Betriebe arbeiten, könnten mit Resten von genmanipulierten Pflanzen ganze Ernten von Ökofeldern kontaminieren.
Und während sich die Vermischung durch Anlagen oder Maschinen vielleicht noch durch teure Reinigungen verhindern lässt, bleibt das Problem des Pollenflugs: Was macht der Ökoraps-Bauer, wenn sein Nachbar genmanipulierten Raps anpflanzt? Dass seine eigenen Produkte Gentech-frei sind, kann er nicht mehr garantieren. Damit ist die Ernte nicht mehr Bio und verliert an Wert.
Die Ökobauern dürfen mit dem Problem nicht allein gelassen werden, fordert Löwenstein. Das gilt auch für konventionelle Landwirte, die auf Gentech verzichten. Im Gentechnikgesetz müsse klar geregelt sein, dass die Verursacher, also die Gentech-Bauern, für eventuelle Schäden haften müssen.
Doch die Rechtsunsicherheit bleibt vorerst bestehen. Zurzeit befinde sich der Entwurf für das Gentechnikgesetz „zwischen den Ministerien“, sagte eine Sprecherin gestern der taz. Der Termin für die Vorlage ist noch ungewiss. Den Ökobauern macht sie für die verlangte Entschädigungsregel nur vage Hoffnung: In der Vergangenheit sei Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) immer dafür gewesen, dass Ökobauern und Gentech-Bauern friedlich nebeneinander existieren. MARIUS ZIPPE