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Archiv-Artikel

Spanien stoppt Wassertransfer

Statt den trockenen Süden mit Wasser aus dem Ebro im Norden zu versorgen, will die neue Regierung jetzt Meerwasser entsalzen. Umweltschützer erfreut, Bauern vergrätzt

MADRID taz ■ Spaniens Sozialisten haben das ehrgeizigste Projekt ihrer konservativen Vorgängerregierung, den Nationalen Wasserplan, gestoppt. Die Milliarden teuren Pipelines und Kanäle, mit denen Wasser aus dem grünen Norden Spaniens in den trockenen Süden umgeleitet werden sollte, werden nicht gebaut. Stattdessen sollen die Verbraucher Wasser sparen und in den Küstenregionen 15 Entsalzungsanlagen errichtet werden.

„Es ist unsinnig Wasser aus 900 Kilometer heranzuschaffen“, begründet Umweltministerin Cristina Narbona, die Entscheidung, die das Kabinett gestern beschlossen hat. Neben den mehrere hundert Kilometer langen Kanälen sah der bisherige Plan 70 neue Staudämme vor.

Das Vorhaben der Konservativen zum riesigen Wassertransfer rief immer wieder Proteste hervor. Die Umweltschützer fürchteten um das Mündungsdelta des Ebro, Spaniens größtem Fluss, der zugunsten der Mittelmeerküste von Valencia, Murcia und Almería pro Jahr um 100 Milliarden Liter Wasser angezapft werden sollte. Die Regionalregierungen der zur Wasserabgabe vorgesehenen Regionen sorgten sich um ihre einzigen Ressourcen. Denn Wasser ist Reichtum. Und die Bezieherregionen sind ausgerechnet diejenigen, die von einer auf Bewässerung beruhenden intensiven Landwirtschaft und von einem alles anderen als nachhaltigen Tourismus leben. So verwundert es auch nicht, dass der neue Plan ebenfalls für Unmut sorgt. Das Wasser aus den nun geplanten Entsalzungsanlagen wird für die Landwirtschaft zwischen 0,12 und 0,30 Euro pro Kubikmeter kosten. Das ist je nach Gegend bis zum vierfachen dessen, was bisher bezahlt wird. „Dadurch sind wir nicht mehr konkurrenzfähig und viele Landwirte müssen schließen“, sagt der Sprecher des Verbands der Bewässerer Spaniens. Dabei bekommen auch künftig die Landwirte die besten Tarife. Die Industrie zahlt 0,50 bis 0,70 Euro, die Privatverbraucher 0,70 bis 0,90 und die Tourismusindustrie sowie Feriensiedlungen bis 1,30 Euro.

Die Landwirtschaft ist Spaniens größter Wasserverbraucher. Drei Millionen Hektar werden künstlich bewässert. Sie benötigen 83 Prozent des Gesamtwasserverbrauchs. 14 Prozent gehen in den menschlichen Konsum, 5 Prozent in die Industrie. Spanien hat damit nach den USA den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser.

Umweltschützer fordern seit Jahren einen sparsameren Umgang mit dem kostbaren Nass. Denn ein Drittel des Trinkwassers versickert aus dem brüchigen städtischen Leitungsnetz. In den Bewässerungssystemen auf dem Land ist es gar die Hälfte. Und die 160 Golfplätze in Spanien brauchen so viel Wasser wie Madrid mit seinen drei Millionen Einwohnern. Trotz Wasserknappheit gehören die Preise in Spanien zu den niedrigsten in Europa. Und 22 Prozent des Wassers, das zum Verbraucher gelangt, wird dank technischer Fehler erst gar nicht in Rechnung gestellt. REINER WANDLER