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Archiv-Artikel

„Wir haben noch Reserven im Untergrund“

Nobert Walz, Experte für Gewässerökologie, glaubt nicht daran, dass die Spree zum Rinnsal wird. Allerdings schade der niedrige Wasserstand der Flussfauna, so Walz: Muscheln etwa können an den eigenen Ausscheidungen ersticken

taz: Die Spree ist nur 15 Zentimeter von ihrem Tiefststand entfernt. Was sind die Ursachen?

Norbert Walz: Zunächst der allgemeine Niederschlagsmangel in Brandenburg. Die Lausitz – die Region, durch die die Spree fließt – ist eines der trockensten Gebiete Deutschlands. Aufgrund der anhaltenden Dürre ist das dieses Jahr besonders ausgeprägt. Hinzu kommt, dass Spreewasser für das Auffüllen riesiger Tagebaulöcher gebraucht wird. Aus dem Fluss läuft ständig Wasser in das ehemalige Braunkohlerevier Lausitz – um dies zu füllen, braucht es noch Jahrzehnte.

Fließt durch Berlin also bald nur noch ein Rinnsal?

Das steht uns nicht bevor. Aber in Berlin kommt deutlich weniger Wasser an, nur sieht man es hier nicht so. Das Spreewasser wird an der Mühlendammschleuse in Mitte gestaut. Außerdem profitieren wir von der Dahme, die in Köpenick mit der Spree zusammenfließt. Auch wenn sie derzeit selber wenig Wasser führt, speist sie doch die Spree.

Der Grundwasserspiegel der Stadt ist sehr hoch. Trägt er die Spree mit?

Eigentlich nicht. Das steht eher in einem Wechselverhältnis zueinander. Die Spree ist mitverantwortlich für den hohen Grundwasserspiegel. Positiv ist, dass wir hier noch Reserven im Untergrund haben.

Trotz Hitze gibt es hier das Phänomen feuchter Keller. Woran liegt das?

Vor der Wende wurde mehr Trinkwasser gefördert. Seitdem ist viel Industrie kaputtgegangen, die Wasser gebraucht hat. Die Kaulsdorfer Seen sind ein Beispiel. Deren Umgebung war vor ein paar Jahren trockener als jetzt. Die Grundwassertrichter dort haben sich wieder aufgefüllt. Dadurch werden auf feuchtem Grund errichtete Keller nass. Das ist ein von Menschen gemachtes Problem. Früher hätte man da gar nicht gebaut.

Ist das Wasser zwischen Berlin und Brandenburg ungleich verteilt?

Eigentlich nicht. Der Wassermangel besteht generell. Die Wasserstände der Flüsse sind überall niedrig, in Brandenburg wird das zum größeren Problem: In der dortigen Unterwasserwelt hinterlässt das Schäden. In Berlin bringen nur Havel und Spree nennenswert Fließwasser in die Stadt, im Moment ist die Fließgeschwindigkeit sehr gering.

Welche Art von Schäden entstehen in Brandenburg?

Schon jetzt sind Schäden in der Bodenbesiedlung der Flüsse bemerkbar. Viele Muschelarten sind eine kostenlose Kläranlage. Sie sorgen dafür, dass qualititativ hochwertiges Wasser nach Berlin kommt. Sie ersticken jetzt an ihren eigenen Ausscheidungen.

INTERVIEW: HANNES HEINE

Nobert Walz forscht am Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Er beschäftigt sich mit dem Ökosystem der Binnengewässer