: Der lange Weg zum Wahlrecht
BERLIN taz ■ Am 12. November 1918 ist es nach Jahrzehnten des Kampfs um das Wahlrecht so weit. Nur einen Tag nach der Kapitulation Deutschlands am Ende des Ersten Weltkrieges verkündet der „Rat der Volksbeauftragten“ (so heißt die im Zuge der Novemberrevolution an die Macht gekommene Reichsregierung) mit Gesetzeskraft: „Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen.“ Kurz darauf wird das Wahlrecht mit der Verordnung über die Wahlen vom 30. November 1918 gesetzlich fixiert. Damit können Frauen an der Wahl zur ersten demokratischen Nationalversammlung Deutschlands am 19. Januar 1919 teilnehmen. 15 Millionen Männer und 17,7 Millionen Frauen geben ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung unter den Frauen liegt bei 82 Prozent. Von 423 gewählten Abgeordneten sind 41 Frauen.
Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 wird den Frauen das passive Wahlrecht 1933 wieder entzogen, sie dürfen im Dritten Reich kein politisches Amt ausüben.
In den USA erhalten die Frauen 1920 mit der Verabschiedung des 19. Verfassungszusatzes das vollständige Wahlrecht auf Bundesebene. Großbritannien kommt am 2. Juli 1928 hinzu, nachdem Frauen ab 1919 nur eingeschränkt wählen durften (Mindestalter 28 Jahre und nur, wenn sie selbst oder ihre Ehegatten das an Besitz gebundene kommunale Stimmrecht besaßen). In der Türkei haben die Frauen seit 1930 das aktive Wahlrecht und seit 1934 das passive Wahlrecht. Als Frankreich sich im Sommer 1944 mit Hilfe der Alliierten von der deutschen Besatzung befreit, erhalten die französischen Frauen, 1946 dann die Belgierinnen und ebenfalls 1946 die Italienerinnen volles Wahlrecht (vorher hatten sie – seit 1925 – nur ein kommunales Wahlrecht). In Indien wird das Wahlrecht für Frauen 1950 eingeführt. Die Schweizerinnen müssen auf ihr Wahlrecht auf Bundesebene bis zum 7. Februar 1975 warten. Der Kanton Appenzell Innerrhoden führt das Recht erst 1990 ein. WG