Milliardengrab im Alten Land

Senat beschließt offiziell erneute Verlängerung der Startbahn im Airbus-Werk Finkenwerder. Weitere 56 Millionen Euro kostet die Zerstörung des Dorfes Neuenfelde. Bei Widerstand wird notfalls enteignet. Umweltverbände kritisieren Flächenfraß

von SVEN-MICHAEL VEIT

Für Airbus ist dem Senat nichts zu teuer. Mit weiteren 56 Millionen Euro will Schwarz-Schill die abermalige Verlängerung der Start- und Landebahn im Finkenwerder Airbus-Werk finanzieren. Damit beschloss der Senat gestern eine entsprechende Vorlage der Wirtschaftsbehörde. Deren Vorabveröffentlichung vorige Woche durch die taz hamburg hatte zu erheblichen Protesten geführt.

Angeblich werden sich die Gesamtkosten für die Stadt dadurch nicht erhöhen, beteuerte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) gestern. Eine Behauptung, die im Widerspruch steht zum Wortlaut der Senatsdrucksache. Dort ist von Zusatzkosten die Rede, über deren Höhe die Bürgerschaft zu unterrichten sei. Bei einer Einhaltung des bislang genehmigten Budgets wäre dies nicht erforderlich.

Auf Kosten der Stadt in Höhe von etwa 664 Millionen Euro werden Teile der Elbbucht Mühlenberger Loch zu einer Gewerbefläche für den zweitgrößten Flugzeugkonzern der Welt hergerichtet sowie die Landebahn weitgehend innerhalb des Airbus-Geländes verlängert. In den neuen Werkshallen soll ab 2006 der geplante Riesen-Jet A380 teilmontiert werden, der größere Teil der Produktion wird im französischen Toulouse erfolgen.

Die abermalige „erhebliche Verlängerung“ der Startbahn um 589 auf 3.273 Meter hat Airbus mit der Produktion eines A380-Frachters begründet, der ein höheres Startgewicht habe als die Passagiermaschine. Die Piste ist umstritten, weil sie in die Obstbaugebiete des Alten Landes hineinreicht. Dem Flächenbedarf von 44 Hektar würden große Teile des Dorfes Neuenfelde zum Opfer fallen.

Uldall ist zuversichtlich, alle für den Startbahnbau benötigten privaten Flächen zu bekommen. Es gebe eine Reihe von Verkaufsgesprächen. Wegen des langjährigen massiven Protestes von Betroffenen und diverser vor Gerichten anhängiger Klagen ist im Senatsbeschluss allerdings auch ausdrücklich von „Enteignungen“ die Rede. Das nun erforderliche neue Planfeststellungsverfahren soll im April 2004 abgeschlossen sein, die Fertigstellung der Piste ist für Frühjahr 2006 vorgesehen.

Mit dem gestrigen Beschluss“, freute sich der Senator, „bekennt sich der Senat zu seiner Verantwortung für den Luftfahrtstandort Hamburg und sichert damit langfristig 2000 direkte und 2000 indirekte Arbeitsplätze“, behauptete der Senator. Im Planfeststellungsbeschluss für die erste Stufe der Werkserweiterung war das „öffentliche Interesse“ damit begründet worden, dass der Flugzeugbauer „2000 zusätzliche“ Arbeitsplätze schaffen wolle. Eine verbindliche Zusage von Airbus liegt allerdings bis heute nicht vor.

Der Naturschutzbund NABU kritisierte gestern „die Salamitaktik des Hamburger Senats“ scharf. Das Projekt solle offenbar ohne Rücksicht auf die Interessen der Anwohner und der Natur „durchgepeitscht werden“, sagte NABU-Chef Rolf Bonkwart. Und es sei zu befürchten, dass damit „noch nicht das letzte Wort gesprochen“ sei. Wer wisse denn schon, was Airbus als nächstes verlangen werde. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisierte den staatlich geförderten Flächenfraß. „Für die Zerstörung des Alten Landes“, so BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch, „wird Airbus auch noch fürstlich belohnt.“