: Zweiter Folter-Prozess in Bagdad
Verteidiger dürfen US-Kommandeure im Vorverfahren gegen drei Wachsoldaten im Gefängnis von Abu Ghraib befragen. Bush und Rumsfeld werden verschont
BAGDAD dpa/afp ■ Zwei Top-Kommandeure der US-Streitkräfte sollen im Vorverfahren gegen drei mutmaßliche Folterer im Dienst der US-Militärpolizei als Zeugen gehört werden. US-Militärrichter Oberst James Pohl gab gestern dem Antrag der Verteidigung statt, General John Abizaid, Befehlshaber aller US-Truppen zwischen Ostafrika und Afghanistan, und General Ricardo Sanchez, Kommandeur der US-Truppen im Irak, zu befragen. Den Antrag, auch US-Präsident George Bush und Pentagonchef Donald Rumsfeld vorzuladen, lehnte Pohl ab. Er vertagte die Vorverhandlung auf den 23. Juli und räumte den Verteidigern eine Frist für weitere Anträge ein. Das Hauptverfahren könnte im Oktober beginnen.
Unteroffizier Charles Graner, Stabsunteroffizier Ivan Frederick und Feldwebel Javal Davis wird Beteiligung an Misshandlungen und sexuellen Demütigungen von irakischen Gefangenen im Gefängnis Abu Ghraib Ende 2003 vorgeworfen. Sie müssen sich im Vorverfahren schuldig oder nicht schuldig bekennen. Im Hauptverfahren drohen ihnen Haftstrafen von 8 bis 24 Jahren. Alle drei wiesen gestern die Vorwürfe zurück. Davis’ Verteidiger Paul Bergrin erklärte, die Aufseher in Abu Ghraib hätten unter immensem Druck ihrer Vorgesetzten gestanden. Sie hätten „israelische Methoden“ angewandt, von denen bekannt sei, dass sie bei arabischen Häftlingen funktionierten.
Die im April bekannt gewordenen Folterungen hatten weltweit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Im ersten Prozess war der Stabsgefreite Jeremy Sivits zu einem Jahr Gefängnis und Entlassung aus dem Heer verurteilt worden. Insgesamt hat die US-Militärjustiz sieben Militärpolizisten aus Abu Ghraib angeklagt. Sieben Offiziere wurden wegen Vernachlässigung derKommandeurspflichten abgemahnt. Ein gesondertes Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des US-Militärgeheimdienstes läuft noch.
Auch auf Sanchez fiel der Schatten eines Verdachts, als US-Medien berichteten, er sei bei einigen Gefangenenmisshandlungen anwesend gewesen. Er wird demnächst von General George Casey im Irak abgelöst.