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Archiv-Artikel

NRW schont Clement

Bundesminister Clement bleibt ein peinlicher Prozess um Pleiten aus seiner Zeit in der NRW-Landespolitik erspart

KÖLN taz ■ Wolfgang Clement kann aufatmen. Die dunklen Gespenster der Vergangenheit hat der „Superminister“ gerade noch einmal vertrieben. Es hätte für ihn unangenehm werden können, gestern vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Denn verhandelt werden sollte eine Klage des Landes Nordrhein-Westfalen gegen den Bund – und über eine Altlast des Wirkens Clements an Rhein und Ruhr: „High Definition Oberhausen“, kurz HDO. Es wäre quasi ein Rechtsstreit „Clement gegen Clement“ gewesen. Doch in letzter Sekunde hat das Land am Dienstag seine Klage gegen einen Rückforderungsbescheid des Bundeswirtschaftsministeriums in Höhe von rund 20 Millionen Euro an Fördergeldern zurückgezogen. Ein außergerichtlicher Vergleich soll gefunden worden sein.

HDO – das stand einmal für eine Vision: Mit diesem Projekt, so schwärmte der damalige Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei Clement Anfang der 90er-Jahre, breche eine neue Wirtschaftsära an. Sein Traum: Hollywood im Ruhrgebiet. Doch statt ein „Leuchtturm“ des Strukturwandels wurde HDO zum Symbol einer völlig verfehlten Wirtschaftsförderungspolitik, an der Clement auch als Ministerpräsident unverdrossen festhielt. Über 50 Millionen Euro Subventionen versickerten in einem Fass ohne Boden. Weder das Umschwenken von der ursprünglich geplanten Entwicklung hochauflösenden Fernsehens (HDTV) auf ein Trickfilmzentrum noch der mehrfache Besitzer- und Namenswechsel brachten HDO auf die Beine. Die erhoffte Zahl neuer Arbeitsplätze wurde weit verfehlt. Gleich zwei Untersuchungsausschüsse beschäftigten sich mit Pleiten, Pech und Pannen bei HDO – ohne viel Licht in das Dunkel zu bringen.

Da auch die Verwendungsnachweise für HDO dürftig und schlampig ausfielen, forderte Clements Vorgänger als Bundeswirtschaftsminister, Werner Müller, 2002 den Bundesanteil an den HDO-Fördergeldern von NRW zurück. Sie seien unzulässig verwendet worden. Dagegen klagte das Land – und Clement erwartete ein Prozess, den er so oder so nicht hätte gewinnen können. Denn hätte der heutige Bundesminister juristisch gesiegt, wäre dies ein Beleg gewesen, dass der damalige Landesminister Misswirtschaft betrieb.

Entsprechend verärgert reagierte die Opposition im Düsseldorfer Landtag auf die außergerichtliche Einigung. Das sei ein „fauler Kompromiss unter Genossen“, wetterte die CDU. Der FDP-Abgeordnete Stefan Grüll beklagte, die Einigung sei „wohl kaum Ausdruck prozessökonomischer Einsicht, sondern Angst davor, doch noch erwischt zu werden“. PASCAL BEUCKER