: Politik will Hertie-Kaufhäuser retten
Das Problem sind die Mieten, die die Kaufhäuser an ihre eigene Muttergesellschaft bezahlen müssen. Manche Bürgermeister suchen schon neue Mieter. Wirtschaftsminister Marnette (CDU) will zu einem Runden Tisch einladen
Im Rendsburger Hertie-Kaufhaus herrschte gestern der übliche Betrieb – im Gebäude nebenan ging es ruhiger zu: In den dunkel getäfelten Räumen des Alten Rathauses traf sich Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) mit den Bürgermeistern der sieben Orte im Land, in denen es Hertie-Filialen gibt, zum Krisengespräch. Ebenfalls dabei: der vorläufige Insolvenzverwalter des Konzerns, Holger Meyer. Es ging um den Erhalt der Kaufhäuser mit ihren rund 300 Arbeitsplätzen.
Minister und Bürgermeister gaben sich „kampfbereit“; Marnette räumte Hertie die „erste Priorität“ ein. Doch zurzeit sei sogar unklar, wo die Entscheider sitzen, sagte Marnette. Die wichtigsten Verantwortlichen seien die britische Investmentfirma Dawnay Day, die zurzeit die Hertie-Häuser und die Immobilien hält, die Deutsche Bank, bei der Dawnay Day verschuldet ist, sowie die Karstadt-Kette, die 2005 an Dawnay Day 74 kleinere Filialen verkauft hatte. Marnette plant einen Runden Tisch, zu dem er mit seiner Amtskollegin aus Nordrhein-Westfalen, Christa Thoben, einladen will – das Gespräch mit ihr stand Montag Mittag aber noch aus.
Hauptproblem der Hertie-Häuser sind die hohen Mieten, die bis zu 20 Prozent des Umsatzes ausmachen. Marktüblich sind sechs bis acht Prozent. Die Mieten legt die Immobilienbesitzerin fest, eine Tochter von Dawnay Day. „Hertie hat durch den Betreiber Dawnay Day an den Vermieter Dawnay Day gezahlt“, sagte Meyer, Mitarbeiter des vorläufigen Insolvenzverwalters Biner Bähr.
Andreas Breitner (SPD), Bürgermeister von Rendsburg und Sprecher der betroffenen Orte, sagte, vor allem mit der Deutschen Bank müsse gesprochen werden: „Sie ist gefordert, nicht zum Totengräber zu werden.“ Aber auch Karstadt sei in der Verantwortung, da die Kette einen zu hohen Preis für die Filialen verlangt habe. „Es geht um mehr als Gefühl – es geht um Arbeitsplätze und den Erhalt der Infrastruktur“, mahnte Marnette.
Bis Anfang März soll eine Entscheidung über die weiteren Häuser fallen. Bereits den Stab gebrochen hat Hertie über die Standorte Niebüll und Mölln. Deren Bürgermeister versuchen, andere Mieter für die wahrscheinlich bald verwaisten Kaufhäuser zu finden. „Bisher war es nicht opportun darüber zu reden, aber wir machen es“, sagte Möllns Bürgermeister Wolfgang Engelmann. Ob das Land sich an einer Auffanggesellschaft beteiligt, wollte Marnette nicht beantworten. ESTHER GEISSLINGER