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Archiv-Artikel

Zu Hause hui, auswärts pfui

Finnland baut womöglich sein neues AKW mit Hilfe des deutschen Staates. Siemens hat für den Bau einer Turbine bei der Regierung eine Hermesbürgschaft beantragt. Umweltschützer protestieren

aus Berlin KATHARINA KOUFEN

Siemens bewirbt sich um einen Auftrag beim Neubau eines Atomkraftwerks in Finnland – und die Bundesregierung will dem Konzern dabei helfen. Das jedenfalls fürchten 13 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, weshalb sie Anfang der Woche einen Protestbrief nach Berlin schickten. Offiziell bestätigen die verschiedenen Regierungsstellen noch gar nichts: Das Auswärtige Amt, das Finanz- und Entwicklungsministerium verweisen auf das Wirtschaftsministerium, das für den Fall zuständig ist. Und Letzteres hüllt sich in Schweigen. Bei laufenden Verfahren gebe man generell keine Auskunft, sagte ein Sprecher.

Siemens will Turbinen für das geplante finnische AKW FIN 5 liefern und sich das Geschäft mit einer Hermesbürgschaft absichern lassen. Solche Bürgschaften vergibt die Bundesregierung, wenn das Risiko hoch ist, dass das Empfängerland nicht zahlt. Meist sind dies „die Länder außerhalb der OECD“, also Schwellen- und Entwicklungsländer, wie das Finanzministerium auf seiner Homepage erklärt –, nicht jedoch reiche und sichere Länder wie Finnland. Federführend für die Bürgschaftsvergabe ist das Wirtschaftsministerium. Es berät sich allerdings im so genannten Internministeriellen Ausschuss (IMA) mit den Ressorts Finanzen, Auswärtiges und Entwicklung.

Bei Umweltschützern und Entwicklungsverbänden stehen Hermes-Kredite in dem Ruf, auch umstrittene Projekte zu fördern, ohne auf ökologische und soziale Kriterien die nötige Rücksicht zu nehmen – etwa den chinesischen Drei-Schluchten-Staudamm. Rot-Grün verabschiedete daher 2001 neue Richtlinien für die Hermes-Vergabe. Vorangegangen war ein langer Streit zwischen den Grünen und dem Wirtschaftsministerium. In vielen Punkten setzte sich der damalige Ressortschef Werner Müller durch, ein urgrünes Anliegen aber wurde als Leitlinie verankert: „Ausgeschlossen von der Exportförderung sind Nukleartechnologien zum Neubau beziehungsweise zur Umrüstung von Atomanlagen.“

Auf diesen Satz berufen sich die Unterzeichner des Protestbriefes. „Die Bundesregierung meint es nicht ernst mit dem Ausschlusskriterium „Atom“ in den Hermes-Umweltleitlinien“, kritisiert Regine Richter von der Umweltorganisation Urgewald. „Ansonsten hätten sie die Siemens-Anfrage gleich kategorisch abgelehnt.“ Die Regierung, so fürchten die Umweltverbände, könnte sich damit herausreden, dass Siemens nur die Turbinen liefern will und damit nicht im direkten Sinne Nukleartechnik.

Sollte die Regierung dem Siemens-Antrag stattgeben, könnte dies zum Präzedenzfall für weitere elf Anträge werden, unter anderem für den Bau des brasilianischen AKWs Angra 3 oder für die bulgarischen Reaktoren Kosloduj 5 und 6. Zuletzt hatte die Regierung im März 2000 eine Hermesbürgschaft für ein AKW in China gewährt – und damit einen Proteststurm von Umweltschützern und Atomkraftgegnern ausgelöst. Seitdem „ruhen“ die elf Anträge.

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