: Eine soziale Klammer für das Rheinland
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) mit Sitz in Köln sichert seit 50 Jahren die Versorgung von Behinderten und Kranken. Dafür verwendet er 80 Prozent seines Jahresetats von 2,3 Milliarden Euro. Die Grünen sind seit 1984 dabei
KÖLN taz ■ Lisa ist 14 Jahre alt und hört gerne Harry Potter. Hört? Lisa ist blind. Sie besucht wie 163 weitere Schüler die Rheinische Schule für Blinde in Düren. Da im Rheinland statistisch gesehen von 100.000 Menschen nur sechs blind und schulpflichtig sind, möchte sich keine Stadt und kein Kreis eine eigene Schule leisten. Daher gibt es eine zentrale Schule für alle blinden Kinder und Jugendlichen. Die unterhält der Landschaftsverband Rheinland (LVR).
Solche und ähnliche Aufgaben nimmt der LVR mit Sitz in Köln wahr, ein Zusammenschluss der rheinischen Städte und Kreise. In den Bereichen Soziales, Gesundheit und Schulen finanziert er zum Beispiel Werkstätten und Wohneinrichtungen für rund 70.000 behinderte Menschen und unterhält 38 spezielle Schulen, darunter eine Kölner Schule für Körperbehinderte mit gymnasialer Oberstufe, sowie neun psychiatrische Fachkrankenhäuser und fünf Heilpädagogische Heime. Als Partner von 86 Jugendämtern und freien Trägern der Jugendhilfe fördert und begleitet das Landesjugendamt des LVR Projekte und qualifiziert Fachkräfte in der Jugendhilfe.
Neben den sozialen Aufgaben will der Bereich Kultur im LVR mit seinen Einrichtungen regionale Identität vermitteln: Die LVR-Museen, wie etwa das Rheinische Landesmuseum in Bonn oder die Freilichtmuseen in Kommern und Lindlar, werden jährlich von gut einer Million Menschen besucht. Im Bonner Amt für Rheinische Landeskunde werden Geschichte, Sprache und Leben der Rheinländer aufgearbeitet und dokumentiert.
Mit den Leistungen für behinderte und pflegebedürftige Menschen, Kriegsopfer und deren Hinterbliebene sowie für die Sonderschulen und die Jugendhilfe werden jedoch etwa 80 Prozent des LVR-Haushalts, rund 2,3 Milliarden Euro, für soziale Aufgaben aufgewendet. Seinen eigenen Etat finanziert der LVR überwiegend aus der Landschaftsumlage: Die Mitglieder, 14 kreisfreie Städte und 13 Kreise im Rheinland zwischen Kleve und Euskirchen, führen anteilige Steuereinnahmen, darunter die Gewerbesteuer, an den LVR ab. Außerdem erhält der LVR vom Land so genannte Schlüsselzuweisungen.
Wie die Gemeinden, Kreise und Städte ist der LVR Teil der kommunalen Selbstverwaltung und wird so durch gewählte politische Vertretungen mitverwaltet. In der Landschaftsversammlung Rheinland, dem Parlament des LVR, werden die politischen Leitlinien für die Verwaltung festgelegt und kontrolliert. Die Zusammensetzung der Landschaftsversammlung wird indirekt über die Kommunalwahl bestimmt und entspricht so deren Ergebnis im Verbandsgebiet. In der noch laufenden Legislaturperiode bis zur Wahl im September verteilen sich die 146 Sitze der 11. Landschaftsversammlung auf 77 für die CDU, 50 für die SPD, 11 für Bündnis 90/Die Grünen, sieben für die FDP und einen für die PDS.
1953 gegründet, hat der LVR über ein halbes Jahrhundert Arbeit hinter sich. Einen runden Geburtstag als jüngste Fraktion im LVR feiern am Samstag die Grünen. Seit 20 Jahren sind sie in dem Städte- und Gemeindeparlament dabei. Aktuell wollen sie sich für den Ausbau ambulanter Hilfen und neue Formen der Finanzierungshilfe für Menschen mit Behinderung einsetzen. Die grüne Fraktionschefin Andreas Asch sagt: „Es kann nicht sein, dass diese Menschen dauerhaft zu Sozialhilfefällen herabgewürdigt werden.“ Jessica Düster
Ihr LVR-Fraktionsjubiläum feiern die Grünen am Samstag ab 15.30 Uhr im Bürgerzentrum Alteberger Hof, Köln-Nippes, Mauenheimer Str. 92. Auch die grüne NRW-Umweltministerin Ministerin Bärbel Höhn will kommen.