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Archiv-Artikel

Papier-Enten und Kardinalskronen

Klassische Moderne und Gegenwartskunst: Der Flensburger Kunstverein präsentiert zum 75-jährigen Jubiläum Highlights seiner Sammlung

Kunstvereine haben es gar nicht so leicht. Gewachsen aus solider Bürgerschicht mit Freude am Mäzenatentum, haben viele der deutschen Kunstvereine heute mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Manche haben die alten Zöpfe ganz abgeschnitten und setzen ausschließlich auf junge Kunst, wie es etwa der Kunstverein in Frankfurt/M. oder auch der Hamburger Kunstverein seit einigen Jahren mit Erfolg zeigen.

Flensburg hat es da schwerer, Akzente in der deutschen Kunstlandschaft zu setzen. Modisches Kunstgepolter ist hier eher verpönt. Und auch anlässlich des 75. Geburtstages präsentiert sich der 750 Mitglieder starke, 1929 durch den damaligen Museumsdirektor Fritz Fuglsang gegründete Verein traditionell: 75 Jahre Kunstverein Flensburg – Die eigene Sammlung heißt die Jubiläumsausstellung im wunderbar renovierten, 1997 eröffneten Hans-Christiansen-Haus auf dem Museumsberg.

Schon in den Gründungsjahren war es Aufgabe des Flensburger Kunstvereins, dem Flensburger Museum in Sachen Gegenwartskunst zur Seite zu stehen. Heute gelten innovative Kunstvereine als Sprungbrett für junge KünstlerInnen. Bis heute zeigt der Flensburger Kunstverein jährlich zwei oder drei Wechselausstellungen und ermöglicht immer wieder Ankäufe zeitgenössischer Kunst. 750 Exponate hat der Verein bis heute zusammengetragen, wovon die Schau im Erdgeschoss des Hans-Christiansen-Hauses erzählt.

Mit präzisem Blick wurde in Flensburg gesammelt – Weltbekanntes, doch auch viel Regionales, meist außergewöhnliche Stücke: Hans Christiansen, Christian Rohlfs, Erich Heckel, Emil Nolde, Walter Stöhrer, Kain Tapper, Ekkehard Thieme, Nikolaus Störtenbecker und Elsbeth Arlt sind einige der in der Sammlung vertretenen Künstler.

Hans Christiansen, der 1866 in Flensburg geborene Protagonist des deutschen Jugendstil, steht am Anfang der Ausstellung. Einen ganzen Raum hat man dem Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie freigeräumt. Christiansen entwarf Plakate, Postkarten, Tapeten und Wandteppichen, gemeinsam mit Joseph Maria Olbrich plante er sogar eine Villa auf der Darmstädter Mathildenhöhe. In der Flensburger Schau ist er allerdings ausschließlich mit Papierarbeiten vertreten.

Einen besonderen Akzent setzt in der Ausstellung eine große Arbeit der 1963 in München geborenen Katrin Schmidbauer. Schmidbauers Archiv der Tafelkultur zeigt kunstvoll gefaltete Stoffservietten, die auf phantastische Art Tiere (Gefüllte Ente), aber auch andere Sonderbarkeiten wie eine Kardinalskrone repräsentieren. Bekannt wurde die in Kiel und Berlin lebende Künstlerin mit einer Klanginstallation am Hamburger Hauptbahnhof, bei welcher der „Sehnsuchtston“ (Goethe) eines Berglerjodelns den Bahnhof beschallte.

Doch nicht nur klassische Moderne und Gegenwart sind in der Schau gut vertreten. Vor allem fallen einige Arbeiten aus den siebziger und achtziger Jahren ins Auge, wie etwa Günther Messenbrinks Landschaft bei Kreta oder eine Dünenlandschaft – feine, virtuose Bleistiftzeichnungen in ganz eigenem Duktus.

Einer der auffälligsten norddeutschen Künstler der vergangenen Jahre ist zweifellos der Hamburger Stefan Oppermann. 1964 in Flensburg geboren, zeigt er in der Ausstellung die Arbeit X Figuren in einem Objekt aus dem Jahr 2000, eine Wachsstiftzeichnung auf Papier, die typisch für das boshaft-heitere Werk Oppermanns ist. Da stecken menschliche Figuren in riesengroßen Blasen fest und werden durch Schläuche am Leben erhalten. Oder verschlungen, das hängt von der Perspektive ab.Marc Peschke

Di–So 10–17 Uhr, Kunstverein Flensburg, Hans-Christiansen-Haus, Museumsberg 1; bis 25. Juli