Flüchtlingsrat plant zur Wahl eine Bleiberechtskampagne

Mit seinen Wahlprüfsteinen zur Kommunalwahl im Herbst fordert der Kölner Verein die Ratsparteien auf, ihre Vorstellungen zur Lebenssituation von Flüchtlingen in der Stadt zu formulieren. PDS und Grüne gehen mit den Forderungen weitgehend konform, SPD und FDP müssen noch überlegen

Köln taz ■ Wie stellen sich Kölns Parteien die Lebens- und Aufenthaltssituation von Flüchtlingen in der Stadt vor? Das fragen Kölner Flüchtlingsrat und der „Unterstützerkreis für die von Abschiebung bedrohten Kinder und Jugendlichen Köln e.V.“ anlässlich der Kommunalwahl im September in ihren Wahlprüfsteinen zur Flüchtlingspolitik. Darin haben die beiden Vereine Forderungen formuliert, zu denen die Ratsparteien bis Ende August Stellung beziehen sollen.

Ein Punkt der Prüfsteine ist die Arbeit des Runden Tischs für Flüchtlingsfragen. Dessen Arbeit müsse weiter unterstützt und sein Konzept zur Wohnsituation von Flüchtlingen „zügig“ umgesetzt werden. Das Konzept wurde bereits mit den einzelnen Ratsfraktionen beraten und wird voraussichtlich am 20. Juli im Rat verabschiedet werden. Im Einzelnen sehe es vor, Flüchtlinge, die nicht abgeschoben werden können, in Wohnungen unterzubringen, und bei Kindern und Jugendlichen für eine rasche Klärung des Aufenthaltsstatus zu sorgen, erklärte der Geschäftsführer des Flüchtlingsrats, Claus-Ulrich Prölß.

Weitere Prüfsteine drehen sich um die Arbeit des Ausländeramts, das zu einer „wirklichen Dienstleistungsbehörde“ ausgebaut werden soll und seine gesetzlichen Ermessensspielräume „für und nicht gegen Ausländerinnen und Ausländer“ nutzen solle. Bislang verweigere das Amt zum Beispiel meist pauschal eine Arbeitsgenehmigung, ohne „alle Fürs und Widers zu erwägen“, wie es das Gesetz vorsehe, sagte Prölß. Und auch beim Aufenthalt biete das bisherige Ausländerrecht dem Amt Spielräume, die selten genutzt würden. Mit dem neuen „Zuwanderungsbegrenzungsgesetz“ werde sich hier allerdings einiges ändern, so Prölß. So dürften danach „bescheinigte“ (bislang „geduldete“) Flüchtlinge generell nicht mehr arbeiten. Der Flüchtlingsrat wolle daher vor der Wahl eine „Bleiberechtskampagne“ starten, damit das noch geltende Recht für eine großzügige Regelung der „Altfälle“ genutzt werde.

Ein weiterer Wahlprüfstein ist die Einrichtung einer Kölner Härtefallkommission. „Bisher reden wir immer wieder mit der Ausländerbehörde über einzelne Härtefälle. Das wollen wir institutionalisieren“, sagte Prölß. Auch in anderen NRW-Städten wie Düren oder im Kreis Aachen gebe es solche Kommissionen, in denen Vertreter von Behörden, Kirchen und Verbänden gemeinsam entscheiden würden.

Der vierte Komplex der Forderungen bezieht sich auf die amtsärztliche Begutachtung von Ausreisepflichtigen. Das solle wieder das Gesundheitsamt übernehmen. Der Hintergrund ist, dass das derzeit zuständige Ausländeramt in seiner Begutachtungspraxis von den diversen Flüchtlingsverbänden immer wieder als zu restriktiv und abschiebewillig kritisiert wird.

Kölner Grüne und PDS reagierten mit weitgehender Zustimmung auf die Prüfsteine. „Wir haben bei der Erarbeitung unseres Wahlprogramms mit dem Flüchtlingsrat Rücksprache gehalten, deshalb gibt es viele Gemeinsamkeiten“, erklärte PDS-Ratsherr Jörg Detjen. Auch Ossi Helling, sozialpolitischer Sprecher der grünen Ratsfraktion, urteilte, die Prüfsteine hätten „zum Teil schon einiges mit unserer bisherigen Praxis zu tun“. So plane auch seine Partei eine Bleiberechtskampagne zur Wahl und habe bestimmte Punkte auch im Wahlprogramm stehen, etwa den nach besonderer Förderung des schulischen Integration junger Flüchtlinge. Skeptisch zeigte sich Helling allerdings, ob die Einrichtung einer Härtefallkommission sinnvoll ist. Denn ein zusätzliches flüchtlingspolitisches Gremium könne auch zu Kompetenzwirrwarr und mehr Bürokratie führen.

Im Gegensatz zu PDS und Grünen können SPD und FDP noch keine Aussagen zu den Wahlprüfsteinen machen. Beide Parteien erklärten aber gegenüber der taz, die Forderungen intensiv zu prüfen und Stellungnahmen abzugeben. Und erst wenn alle Antworten vorliegen, wird es für Prölß richtig interessant: „Wir werden ein Diagramm mit den Positionen der Parteien zu allen Punkten erstellen. Dann kann sich jeder seine Meinung bilden.“ Susanne Gannott