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Archiv-Artikel

Nachhaltiger Gebrauch einer Filmkamera

Bei einem Wochenendworkshop für Amateurfilmer in Fulda entwickeln Jugendliche und Senioren originelle Ideen zur Verbreitung des Nachhaltigkeitsgedankens. Kurze Beiträge sollen zusammen 43-minütigen Dokumentarfilm ergeben

FULDA taz ■ Genervt kaut Magazinreporter Bene Schneider an seinem Kugelschreiber. Seit zwei Stunden muss er sich nun schon das Gelaber um verschiedene Definitionen des Begriffs Nachhaltigkeit anhören. „Der Flieger kann warten“, hatte sein Chef gemeint und ihm noch schnell vor dem Urlaub dieses langweiligste aller Themen aufs Auge gedrückt. Dabei könnte sich Bene – alias Schauspieler Klaus Meininger vom Stadttheater Konstanz – weiß Gott Aufregenderes vorstellen, als sein kostbares Wochenende in einem dreitägigen Workshop für Gewinner eines Amateurfilmer-Wettbewerbs totzuschlagen. Nachhaltigkeit! Welchen satten Wohlstandsbürger lockt das hinter dem Ofen hervor? Was seine Leser angeht, gibt sich Bene keinerlei Illusionen hin. Provozieren müsste man die, ein bisschen schocken! Das würde die kleinen grauen Zellen in Bewegung setzen. Vielleicht.

Bene horcht auf. Ein weißhaariger Herr erläutert gerade am Beispiel eines so genannten Renten-Paten-Modells seine Filmidee zum nachhaltigen Umgang von Jung und Alt in einer fiktiven Zukunft: „Jeder Rentner muss einen Erwerbstätigen finden, der ihn im Alter unterstützt. Und umgekehrt dürfen sich die Jungen ‚ihren Rentner‘ selbst aussuchen.“ Bene überlegt: „Nicht übel, das gäbe ein schönes sozialdarwinistisches Gerangel!“ Wenn die Bevölkerungsentwicklung so weiterginge, hätten wir womöglich schon bald dreimal so viele Rentner wie Erwerbstätige. Dann würde aus der Satire schneller Ernst, als manchem lieb sein dürfte.

Die Szene dürfte so oder ähnlich in einem vom Rat für Nachhaltigkeit (RNE) in Auftrag gegebenen Dokudrama auftauchen. Der zwischen Fiktion und Dokumentation pendelnde Streifen bildet die Rahmenhandlung für besonders originelle Beiträge von Teilnehmern eines ebenfalls vom Rat ausgeschriebenen Amateurfilmer-Wettbewerbs. Das erste Treffen von Gruppen aus Hannover, dem bayrischen Geretsried und dem Raum Fulda am Wochenende in Fulda markierte zugleich den Drehbeginn des Gesamtfilms. Parallel lernten die 18 Teilnehmer im Alter zwischen 13 und 63 Jahren unter Profianleitung zentrale Aufnahmetechniken und setzten sich mit dem Begriff der Nachhaltigkeit auseinander.

Dem 2001 vom Bundeskanzler berufenen Rat geht es darum, den Nachhaltigkeitsgedanken breiter zu verankern. „Uns ist besonders der Dialog zwischen den Generationen wichtig“, betont Christiane Averbeck, Referentin der Berliner RNE-Geschäftsstelle. Zugleich wollen die Initiatoren erreichen, „dass sich die Fernsehsender mehr dem Thema öffnen“.

Die Initialzündung für das erhoffte größere Medieninteresse soll der bei der Produktionsfirma fechnerMEDIA in Auftrag gegebener 43-minütiger Dokumentarfilm liefern. Die Filmprofis aus dem baden-württembergischen Immendingen suchten aus über 40 Bewerbungen sieben Teams aus. Firmenchef Carl Fechner zeigte sich in Fulda „überrascht, wie gut die eingereichten Bänder waren“.

Am 13. Juli entscheidet sich, welche vier Teams ihre Ideen realisieren dürfen. Bis dahin wird Magazinreporter Bene noch einige Kilometer zurückzulegen haben. Sein Chef drängt nämlich darauf, dass er auch an den Heimatorten der Amateurfilmer recherchiert, wo Filmautor Andreas Bechtold in weiteren Workshops fachliche Hilfestellung bei der filmischen Umsetzung der Filmideen leisten wird.

CHRIS HEINEMANN

www.nachhaltigkeitsrat.deBuch zum Thema: „Nachhaltigkeit in 50 Sekunden. Kommunikation für die Zukunft“. Oekom-Verlag, München 2003, 29,80 €