piwik no script img

Archiv-Artikel

Besuch in der Heimat

15 ehemalige jüdische Bürger suchen nach Spuren ihrer Kölner Vergangenheit – und den Kontakt zur Jugend

Köln taz ■ „Die Geste ist wichtig. Dass man eingeladen wird von der Stadt, die einen damals rausgeschmissen hat.“ Zum 9. Mal organisiert Ursula Cöbler das städtische Besuchsprogramm für ehemalige jüdische Bürger Kölns, die während der nationalsozialistischen Zeit zwangsweise die Stadt verlassen mussten. Dieses Jahr sind es 15 Ex-Kölner aus Israel, USA und Südafrika. Gestern Abend wurden sie im Rathaus offiziell begrüßt.

Seit 1986 läuft das Programm, und Cöbler ist froh, dass die Stadt trotz knapper Kassen daran festhält. Auch wenn die Besucher inzwischen einen Teil der Reise selbst zahlen müssen. Die Auswahl der Besucher erfolgt laut Cöbler „mehr zufällig“. Zum einen habe sich das Programm inzwischen herumgesprochen: „Die Besucher erzählen davon zu Hause in ihren Gemeinden.“ Zum anderen korrespondiere die Stadt oft jahrelang mit ehemaligen jüdischen Mitbürgern, bevor die sich zum Besuch entschließen könnten. Viele hätten Angst vor der Reise – wegen der schmerzlichen Erinnerungen, aber auch weil die Reisefähigkeit mit dem Alter abnehme. „Eine Frau etwa hat uns schon in den 80ern geschrieben. Vor kurzem habe ich sie angerufen und jetzt endlich hat sie zugesagt“, erzählt Cöbler.

In den nächsten Tagen erwartet die Besucher ein umfangreiches Programm. Dazu gehört eine Gesprächsrunde im NS-Dokumentationszentrum, ein Besuch in der Synagoge Roonstraße, im jüdischen Wohlfahrtszentrum in Ehrenfeld sowie auf dem jüdischen Friedhof in Bocklemünd.

Für morgen ist – wie jedes Jahr – eine Diskussion mit Kölner Schülerinnen und Schülern geplant. „Das ist immer sehr anrührend“, findet Cöbler, wenn die Zeitzeugen den Jugendlichen aus ihren Erinnerungen berichten. Und für die Schüler sei das „besser als ein halbes Jahr Unterricht“. Aber auch für die Gäste sei dieser Programmpunkt sehr wichtig. „Die meisten wollen mehr über das heutige Deutschland erfahren und in Kontakt mit jungen Deutschen kommen.“ Susanne Gannott