„Wir sind doch kein Paddelverein“

„Die Eisernen“ des 1. FC Union hoffen auf das neue Stadion. Ihr Problem ist der eiserne Finanzsenator: Sarrazin will 2,5 Millionen, nicht nur einen symbolischen Euro für das Gelände. Union-Präsident fürchtet Abstieg aus dem Profi-Lager

Heiner Bertram kennt nur den Entwurf seines Traums. Doch der versetzt ihn in Verzückung. Mit leuchtenden Augen betrachtet der Präsident des 1. FC Union das hell erleuchtete Modell eines neuen Stadions in Köpenick. „Länderspiele wird es an der Alten Försterei auch geben, da bin ich mir sicher“, sagt Bertram.

Die schmucke Arena in der Wuhlheide, die anstelle der maroden Spielstätte der „Eisernen“ errichtet werden soll, bietet alles, was ein professioneller Fußballverein zum Wirtschaften braucht: 15.000 Sitz- und 10.000 Stehplätze, alle überdacht, VIP-Logen sowie Geschäftsräume. Die Baukosten für das Projekt: 30 Millionen Euro, die je zu einem Drittel vom Verein, privaten Investoren und aus EU-Mitteln finanziert werden sollen.

Doch die Berliner Politik reißt Bertram immer wieder aus allen Träumen. „Überall, wo ein Stadion gebaut wird, beteiligt sich das Land oder gibt eine Bürgschaft. Nur in Berlin nicht“, entfährt es ihm. Statt dem Verein das Baugelände für einen symbolischen Kaufpreis von einem Euro zu übereignen, wie es die Unionler wünschen, fordert Finanzsenator Thilo Sarrazin ein Viertel des Verkehrswertes der Immobilie: 2,5 Millionen Euro. Ein herber Rückschlag für Bertrams Baupläne. Trotz der Sparzwänge der Landesregierung fühlt sich der Zweitligist aus dem Südosten schlecht behandelt. „Wir sind doch kein Paddelverein, sondern ein ernst zu nehmender Wirtschaftsfaktor in der Region“, grummelt Bertram.

Viele Union-Fans fühlen sich gegenüber „dem Westen“ benachteiligt. Während das Olympia-Gelände von Hertha modernisiert werde, drohe ihr Klub leer auszugehen. Dadurch, warnt der Präsident, sei Unions Zukunft im Profi-Lager gefährdet: „Nächstes Jahr sind wir auf dem Tiefststand angekommen. Wir können nicht vom Sparen leben!“

Auf „bis zu drei Millionen Euro im Jahr“ beziffert Bertram die Mindereinnahmen durch die mangelhafte Infrastruktur im baufälligen Köpenicker Stadion. Gerade in Zeiten sinkender Fernsehgelder gewinnen Einkünfte aus VIP-Logen oder Business-Plätzen immer stärker an Bedeutung. In der alten Arena müssen die Zuschauer auf den teuren Sitzplätzen schon froh sein, dass sie seit drei Jahren ein Tribünendach über dem Kopf haben.

Union läuft die Zeit davon. Bestenfalls zwei Jahre, befürchtet Bertram, könne es unter den gegenwärtigen Bedingungen im Profi-Lager weitergehen. Bis Jahresende müsse eine Einigung mit dem Senat her, um im Zeitplan zu bleiben. „Bei Abbruch des alten Stadions ein Tag nach Saisonende wäre das neue Stadion mit Beginn der übernächsten Saison spielfertig“, erklärt Ralf Petersen, Architekt des Union-Projekts.

Bertram setzt auf Diplomatie in den Verhandlungen mit dem Senat. Fan-Demonstrationen vor dem Roten Rathaus mag er nicht ausschließen. Falls sich das Stadion-Projekt als „Mission impossible“ entpuppt, schließt Bertram einen Rückzug aus dem Ehrenamt nicht aus. „Wenn es eine Ausweglosigkeit in der Stadionfrage geben sollte, würde ich das in Frage stellen“, erklärt der 63-Jährige, der nach seinem Amtsantritt im Oktober 1997 den DDR-Pokalsieger von 1968 vor dem Ruin rettete. JÜRGEN SCHULZ