AM BESTEN WÄRE ES, DIE KRANKENKASSEN GANZ ABZUSCHAFFEN : Wettbewerb macht teuer
Es ist die geeignete Aufregung fürs Sommerloch, denn genauso stellt man sich das Behördenparadies Deutschland vor: Rund 320 gesetzliche Krankenkassen beschäftigen knapp 150.000 Mitarbeiter. Hinzu kommen noch die Angestellten der Privatkassen. Dabei gibt es überhaupt nur 301.060 berufstätige Ärzte in Deutschland. So ein Wasserkopf kostet natürlich, im letzten Jahr stieg der Verwaltungsaufwand der gesetztlichen Krankenkassen auf acht Milliarden Euro. Gleichzeitig klagen die Kassen aber über Defizite und warnen vorsorglich, dass sie die Beiträge kaum senken könnten, trotz der geplanten Zusatzbelastungen für die Patienten. Ein Bürgeralbtraum scheint wahr zu werden: Ein aufgeblähter Verwaltungsapparat sorgt bestens für sich selbst und verlangt gefräßig immer mehr vom eigenen Einkommen.
Da regt sich Wut: mehr Effizienz, bitte sehr! Aber was ist das im Gesundheitswesen? Einfacher ist zu bestimmen, wer nicht effizient agiert: ausgerechnet die Privatversicherungen. Bei ihnen verschlingt die Verwaltung sogar 13 Prozent des Gesamtbudgets, bei den gesetzlichen Krankenkassen machen ihre acht Milliarden Verwaltungskosten nur fünf Prozent des Etats aus. Wettbewerb kann nämlich ganz schön teuer sein. Um der Konkurrenz die Kunden wegzuschnappen, schütten die Privatversicherungen zehn Prozent ihrer Einnahmen an Vermittler aus.
Als gelernte Kapitalisten glauben wir gern, dass Wettbewerb und Privatwirtschaft stets am kostengünstigsten sind. Doch ist es manchmal billiger, Konkurrenz auszuschalten. So würde der Verwaltungsaufwand der 320 gesetzlichen Krankenkassen sinken, wenn sie fusionierten. Doch bisher dürfen sie sich nur innerhalb ihrer Kassenart zusammentun; eine Ersatzkasse kann keine AOK schlucken. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wollte dies ändern, doch im Konsenspapier mit der Union verschwand der Passus. Zu viele Lobbyisten fürchteten um ihre Posten.
Übrigens wäre es am billigsten, wenn wir gar keine Kassen hätten – sondern ein steuerfinanziertes System. Aber das werden die Kassen zu verhindern wissen, da sind sich private und gesetzliche ausnahmsweise einig. ULRIKE HERRMANN