: Etappensieg gegen Nazi-Zentrum
In erster Instanz bestätigte das Landgericht Stade den Abriss des Heisenhofs. Nazi-Anwalt Jürgen Rieger plante dort ein Fruchtbarkeitsforschungszentrum einzurichten
Die alten Farben des Deutschen Reiches schwarz-weiß-rot wehen über dem Heisenhof. In Dörverden wird auf dem Hof von Nazi-Anwalt Jürgen Rieger nicht die bundesdeutsche Fahne gehisst, steht sie in der Szene doch für die verhasste Demokratie. In wenigen Monaten könnte Rieger die Fahne in der niedersächsischen Gemeinde wieder einholen müssen.
In erster Instanz bestätigte gestern das Verwaltungsgericht Stade mehrere Abrissverfügungen des Landkreis Verden. „Als Landrat, unabhängig von meiner Position als Behördenleiter, freue ich mich, dass der Landkreis auf ganzer Linie gesiegt hat“, sagte Peter Bohlmann (SPD). Der Fachdienstleiter vom Kreis, Volker Lück, hatte die Verfügungen damit begründet, das es für die ehemalig militärisch genutzten Immobilien keinen Bestandsschutz mehr gebe.
Der Landkreis legte dann noch fünf weitere Beseitigungsverfügungen vor – wie gegen das Herrenhaus und das Offiziersheim. In diesen Gebäuden will Rieger aber nicht nur ein Zentrum für Schulungen und Veranstaltungen hochziehen, er plant auch Fruchtbarkeitsforschung zu betreiben, wo „blauäugige Frauen nur den Samen eines ebenfalls blauäugigen Mannes“ bekämen. Gegen die Abrissverfügungen hatte Rieger, NPD-Bundesvize und Hamburger-Parteichef, Klage eingereicht.
Am Donnerstag fand mit Amtsrichter Kai-Uwe Klinge eine Ortsbesichtigung statt. Im Beisein von Rieger merkte Klinge an, dass wegen dem Bestandsschutz schon ein Urteil gegen Rieger vorläge. Nur zu vermuten sei, für welche Gebäude in der Vergangenheit überhaupt Baugenehmigungen eingeholt worden seien, so Klinges. Auch Lück betonte, dass alle Liegenschaften im Außenbereich lägen und somit jede Baugenehmigung ausgeschlossen sei. Rieger widersprach. Im Stillen hat der Landkreis wohl gehofft, den Rechtsstreit nicht mehr führen zu müssen. Denn Rieger hatte den Besitzanspruch zeitweilig verloren.
Als Bevollmächtigter der „Wilhelm Tietjen Stiftung für Fertilisation Ltd.“ erwarb er vor fünf Jahren den Heisenhof. Für die Stiftung, die als Firma in London eingetragen war, kaufte er zudem im thüringischen Pößneck das Schützenhaus. Er unterließ jedoch in London die Geschäftsbücher vorzulegen. Nach einem Rechtsstreit entschied das Landgericht Gera 2008 aber, dass die Immobilien dennoch Rieger gehören. Gegen die nun verkündeten Abrisserlaubnisse dürfte Rieger jetzt vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ziehen. ANDREAS SPEIT