: Volles Rohr
Trotz des heißen, trockenen Sommers muss hier niemand aufs Duschen oder Gießen verzichten. Rasensprengen Geschmackssache
von GERNOT KNÖDLER
Wenn der Garten verdorrt, ist das noch lange kein Grund, ihn nicht zu gießen. Zumindest nicht in Hamburg. Denn selbst, wenn der Wasserverbrauch bei dem heißen, trockenen Wetter Rekordwerte erreicht, bleiben den Hamburger Wasserwerken (HWW) enorme Reserven.
„Sie dürfen weiter Wasser trinken, duschen und Straßenbäume gießen“, sagt HWW-Sprecherin Gisela Matthée. Bei ihr melden sich in diesen Tagen vermehrt Kunden, die angesichts der Trockenheit ein schlechtes Gewissen plagt, wenn sie ihre Blumen gießen oder ein Planschbecken füllen. Matthées Antwort: „Es gibt überhaupt kein Problem.“
Richtig ist, dass der schöne Sommer den Wasserverbrauch hat ansteigen lassen: Bis Anfang August haben die Hamburger eine Million Kubikmeter mehr aus ihren Hähnen laufen lassen als im gleichen Vorjahres-Zeitraum. Am Montag zapften sie mit 407.000 Kubikmetern den Tagesrekord. Matthée zufolge liegt er deutlich höher als der Spitzenwert 2002 und wird angesichts der Wetterprognosen wohl noch übertroffen.
Ins Schwitzen bringt das die Wasserwerker nicht. Ein Mehrverbrauch von einer Million nimmt sich bei einer Gesamtförderung von 126 Millionen Kubikmetern im vergangenen Jahr harmlos aus. „Das kann schnell aufgezehrt werden, falls der August schlecht wird“, sagt Matthée. Denn der August 2002 war warm und trocken.
Auch ein Tagesverbrauch von 407.000 Kubikmetern liegt zwar weit über dem Jahresdurchschnitt von etwa 345.000 Kubikmetern. Im Vergleich zu den Werten der 70er Jahre sind sie bescheiden. 600.000 bis 700.000 Kubikmeter täglich haben die Wasserwerke damals geliefert.
Grundwasser, zu 90 Prozent solches, auf dem Hamburg steht, ist nach Auskunft der Sprecherin reichlich vorhanden. Regen und Schnee, der zwischen Oktober und April fällt, gelangt zu einem sehr großen Teil ins Grundwasser, denn es verdunstet wenig, und die Bäume haben ihre Blätter abgeworfen. In dieser Zeit bilden sich die Wasserreserven.
Eine Auslastung der HWW-Förderkapazität ist nicht zu erwarten. Matthée: „Um die 550- bis 600.000 Kubikmeter können wir Ihnen jeden Tag liefern.“ Kurzfristige Engpässe gleichen die Wasserwerker mit stets wohlgefüllten Vorratsbehältern aus. „Allein in Rothenburgsort sitzen wir auf 120.000 Kubik“, sagt die Sprecherin. In den meisten Jahren würden die HWW gebeten, bitte mehr Wasser zu fördern, weil die Marschen absöffen.
Auch bei Umweltschützern läuten keine Alarmglocken. Wenn es in einem Naturschutzgebiet mal aufgrund des Wetters zu trocken werde, dann sei das ein natürlicher Vorgang, mit dem man leben müsse, sagt Paul Schmid vom BUND.
Rasen zu sprengen hält Schmid für Blödsinn: „Der kommt wieder!“ Die Bäume in der Stadt haben es schwerer, was die Wasserwerke zu dem Appell veranlasst: „Bitte denkt daran, die Straßenbäume zu gießen!“
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