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Archiv-Artikel

american pie Basketballstar Kobe Bryant unter schwerer Anklage

Gerichtstermin in Eagle County

Es läuft bislang nicht gut für Kobe Bryant, den Basketballstar der Los Angeles Lakers, dem in Colorado ein Vergewaltigungsprozess droht. Zuerst war der 24-Jährige mit dem Begehren gescheitert, beim heutigen ersten Gerichtstermin in Eagle, einem kleinen Städtchen in der Nähe des Wintersportortes Vail, nicht persönlich erscheinen zu müssen. Dann lehnte der Richter am Monat auch den Antrag ab, Fernsehkameras auszusperren. So wird das ganze Land zuschauen können, wenn sich der einstige Musterathlet in dem nur 68 Personen fassenden Saal einfindet, und die Einschaltquoten könnten höher sein als bei einem NBA-Finale.

Dabei dürfte die Sache eher unspektakulär verlaufen. Der Termin dient lediglich dazu, Bryant die Anklage mitzuteilen, ihn über seine Rechte zu informieren und das mögliche Strafmaß bekannt zu geben. Reine Routine, die normalerweise in wenigen Minuten erledigt ist. Um Beweise und Aussagen wird es frühestens bei einem möglichen Hearing in einigen Wochen gehen, wenn Richter Gannett endgültig entscheidet, ob es zu einem Prozess kommt.

Über das mögliche Strafmaß besteht längst Klarheit. Vier Jahre Gefängnis oder 20 Jahre auf Bewährung gibt es mindestens, wenn Bryant schuldig gesprochen wird, am 30. Juni eine 19-jährige Studentin, die am Empfang eines Luxusresorts jobbte, in seinem Zimmer vergewaltigt zu haben. Der Basketballer, der sich in Vail wegen einer Knieoperation beim renommierten Dr. Steadman aufhielt, räumt sexuellen Kontakt ein, besteht aber darauf, alles sei einverständlich geschehen. Bezirksstaatsanwalt Mark Hurlbert ist jedoch überzeugt, genügend „physische Anhaltspunkte“ zu haben, um eine sexuelle Nötigung „zweifelsfrei“ beweisen zu können.

Zum Schutz der Klägerin und zum Leidwesen der Medien hatte das Gericht sofort eine strikte Geheimhaltung verfügt. So wurden bisher trotz ausgiebiger Nachforschung von Journalisten keine Details der Anklage bekannt, ein gemeinsamer Antrag wichtiger Zeitungen und TV-Sender auf komplette Veröffentlichung der Fakten wurde abschlägig beschieden. Richter Gannett drohte den Medien sogar mit juristischen Konsequenzen, wenn sie die Identitäten von Zeugen und der Klägerin preisgäben oder gar Fotos veröffentlichen würden. Ohnehin gibt es in den USA eine Selbstverpflichtung der meisten großen Medien, die Identität von Opfern sexueller Gewalt zu schützen. Lediglich einige Supermarkt-Tabloids und lokale Radiostationen hielten sich nicht an diesen Grundsatz – und auch nicht der deutsche Spiegel, der den im Internet kursierenden Namen der 19-Jährigen lediglich beim Nachnamen abkürzte.

In Eagle hängen mittlerweile Schilder, die davor warnen, mit Journalisten zu sprechen, nachdem Bekannte der Klägerin spärliche Informationen preisgegeben hatten: dass sie zwei Selbstmordversuche hinter sich habe, bei einer Castingshow im Fernsehen früh ausgeschieden sei, eine Showkarriere anstrebe und bei einer Party die Ausmaße der intimeren Physis Bryants mit den Händen angedeutet hätte. Für den Prozess ist all das wohl ohnehin irrelevant, denn Lebenswandel und Persönlichkeit dürfen, wenn sie nicht direkt mit der Tat zusammenhängen, ebenso wenig eine Rolle vor Gericht spielen wie das sexuelle Vorleben.

Kobe Bryant, der gegen eine Kaution von 25.000 Dollar auf freiem Fuß ist, muss sich in einem Bundesstaat verantworten, in dem besonders strikte Gesetze in Fällen sexueller Gewalt gelten. In Colorado bedeutet auch ein anfängliches Ja zu sexuellem Kontakt keineswegs generelles Einverständnis, sondern jede einzelne weitere Phase muss „frei und unerzwungen“ sein. Wenn eine Frau aus Angst vor möglichen späteren Konsequenzen bestimmte Handlungen geschehen lässt, wird das ebenfalls nicht als Einverständnis gewertet.

Klub und Sponsoren von Kobe Bryant halten sich bisher bedeckt, dahin ist in jedem Fall sein Image des treu sorgenden Familienvaters. Auch der tränenselige Auftritt mit Gattin Vanessa, die ihm die Hand hielt, während Bryant Ehebruch einräumte und seine Unschuld bezüglich der Anklage beteuerte, wirkte eher peinlich. Ein Schlag ins Kontor ist die Sache für Lakers-Coach Phil Jackson, in dessen neuem Oldie-Team mit Karl Malone, Horace Grant, Gary Payton und Shaquille O’Neal Bryant das einzige jugendliche Element darstellt. Zwar wird er kommende Saison spielen können, jedoch mit der Last des laufenden Verfahrens. Und das kann dauern. „Die amerikanische Justiz“, so Sports Illustrated, „bewegt sich langsamer als ein übergewichtiger Shaq.“

MATTI LIESKE