Sonnenbrand in der Birne?

Nach den seniorenfeindlichen Äußerungen des Bundesvorsitzenden der Jungen Union sind sich in Bremen CDU, JU, RCDS und die SPD-Sozialsenatorin einig: „Bei uns ist alles friedlich im Konsens zwischen den Generationen“

Mißfelder „sollte sich bei der älteren Generation entschuldigen“

Bremen taz ■ Im vergangenen Mai, als er in Bremen auf dem Landestag der hiesigen Jungen Union zu Gast war, hatte er mit dem lautstarken Ruf nach der „Rente mit 70“ bundesweit für Furore gesorgt. Jetzt steht der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, wieder im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Der 23-Jährige bekennende Kohl-Fan hat in einem Zeitungsinterview verschärfte Kriterien für die Gesundheitsversorgung älterer Menschen gefordert. „Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“, sagte der Student. Früher seien „die Menschen doch auch auf Krücken gelaufen“. Auch alles, was bei Zahnprothesen „über eine normale Behandlung“ hinausgehe, müsse aus dem Leistungskatalog der Krankenversicherungen für Rentner herausgenommen und von ihnen künftig privat finanziert werden.

Im Unterschied zu JU-Landesverbänden wie Hessen oder dem Saarland, die Mißfelder devot applaudierten, hat sich der Bremer JU-Chef Claas Rohmeyer klar von den Äußerungen seines Bundesvorsitzenden distanziert. „So nicht“, sagte Rohmeyer gestern gegenüber der taz. Mißfelders Einlassung sei „höchst unglücklich“ und „überzogen“. Man könne nicht der Generation, die 40 Jahre lang in die sozialen Sicherunsgsysteme eingezahlte habe, nun den Geldhahn zudrehen. Mißfelder habe wohl die im Kern richtige Diskussion darüber anstoßen wollen, dass Deutschland dringend ein neues Krankenversicherungssystem inklusive privater Zusatzelemente benötige. „Aber wenn man ein Thema so überspitzt darstellt, kann man das Diskussionsklima versauen“, sagte Rohmeyer.

CDU-Landesgeschäftsführer Heiko Strohmann, der trotz seines nachgerade jugendlichen Alters von 35 Jahren auch die Geschäfte der Senioren-Union mitführt, wiegelte gestern ab: „Bei uns in Bremen ist alles friedlich im Konsens zwischen den Generationen.“ Die „krassen Äußerungen“ Mißfelders hätten wohl eher etwas mit „Profilierungsneurose“ zu tun.

„Ich glaube, Herr Mißfelder saß ein bisschen zu lange in der Sonne“, sagte der Bremer Landesvorsitzende des Rings Christlich Demokratischer Studenten (RCDS), Malte Engelmann. Er halte die zitierten Sätze des JU-Chefs für „ziemlich daneben“. Zumal es sich um eine Generation von Menschen handele, „die ihr Leben lang gearbeitet und Deutschland wieder aufgebaut haben“.

Auch Bremens Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) stimmte in die Empörung über den JU-Chef mit ein. „Empörend und menschenverachtend“ seien seine Bemerkungen, er „sollte sich dafür bei der älteren Generation entschuldigen“, forderte Röpke. Es dürfe nicht sein, dass „eine Generation an den Rand der gesundheitlichen Versorgung gedrängt oder gar davon ausgeschlossen“ werde, sagte die Senatorin. Markus Jox