Widerstand gegen Hartz wächst

Im Kampf gegen den Sozialabbau setzt das „Bündnis soziale Bewegung“ auf Proteste im Herbst – und die bessere Unterstützung Arbeitssuchender. Demonstrationen im September und November

VON HOLGER PAULER

Die Verabschiedung des Hartz IV-Gesetzes am vergangenen Freitag durch den Bundesrat ändert auch die Strategie der Gegner. „Wir werden auch in Zukunft gegen die massiven Eingriffe durch Hartz IV vorgehen“, sagt Jürgen Glaubitz von ver.di-NRW. Dabei wolle man aber eine zweigleisige Strategie fahren: Protest gegen das Gesetz, vor allem aber Beratung für Betroffene. Koordiniert werden die Aktionen vom „Bündnis Soziale Bewegung“, das vom ver.di-Landesverband im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurde. Das Bündnis wird mittlerweile von 28 Gruppen aus Politik, Gesellschaft und Kirche unterstützt. Darunter: die Landesverbände mehrerer kleiner Gewerkschaften, attac NRW, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten NRW (VVN - BdA) oder die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB).

Schwerpunkt der Protestaktionen ist die Herbstkampagne 2004. Das bundesweite Bündnis „Alle gemeinsam gegen Sozialkahlschlag“ ruft zwischen dem 18. September 18. November zu zahlreichen Demonstrationen auf. Anfang 2005 ist ein Perspektivenkongress zu Agenda 2010 und Hartz IV geplant. „Der Termin kommt zu spät, dann gibt es keine Perspektiven mehr“, sagt aber Hartmut Lohse von der Düsseldorfer Arbeitslosen-Initiative. „Wir müssen jetzt handeln.“ Die Initiative ist sowohl Mitglied im „Anti-Hartz-Bündnis NRW“ als auch im „Bündnis Soziale Bewegung“. Die Organisationsform der Hartz-Kritiker sei „etwas unübersichtlich“ sagt Hartmut Lohse, dadurch würden ihnen „viele Möglichkeiten“ genommen. „Was bleibt, ist die praktische Hilfe vor Ort“, so Lohse.

Hauptaugenmerk wird auf der Unterstützung der zukünftigen Empfänger des aus Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengefassten Arbeitslosengeld II (ALG II) liegen. Am 19. Juli werden die zuständigen Agenturen für Arbeit die neuen Antragsbögen zum ALG II an alle Arbeitslosenhilfe-Empfänger verschicken. „Wir werden die Leute beim Ausfüllen unterstützen“, sagt Jürgen Glaubitz. Wichtig sei vor allem, den Betroffenen klar zu machen, dass es sich zunächst um eine freiwillige Datenerhebung handele. „Eine Verpflichtung besteht erst ab dem ersten Oktober“, so Jürgen Glaubitz. Die meisten Betroffenen wüssten davon nichts und füllten die Bögen trotz etlicher Datenschutzverletzungen komplett aus.

Mit Inkrafttreten von Hartz IV wird sich auch die Wohnsituation für ALG II-Bezieher verschärfen. „Wir befürchten massive Einschnitte“, sagt Aichard Hoffman vom Mieterforum Ruhr. „ALG II ist nichts anderes als die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe“, so Hoffmann. Sozialhilferegeln gelten dann auch für die Übernahme von Wohnkosten. Nach § 22 SGB II werden Kosten der Unterkunft in voller Höhe übernommen, aber nur, „soweit diese angemessen sind“. Das Mieterforum Ruhr will daher in Zukunft gemeinsam mit ver.di, attac, Sozialforum und Bahnhof Langendreer Betroffene informieren. Unter dem Motto: „Hartz IV – wohnst du noch, oder ziehst du schon um?“