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Archiv-Artikel

Stromkonzern müsste man sein

Es gibt keine wirksame Kontrolle gegen ungerechtfertigte Preissteigerungen, und es ist keine in Sicht. Das konstatiert selbst die Monopolkommission der Bundesregierung. So zahlen Deutsche für ihren Strom doppelt so viel wie die europäischen Nachbarn

VON REINER METZGER

Die Stromkonzerne läuten eine neue Runde bei den Preiserhöhungen ein, vor allem bei den Netzentgelten für die Durchleitung (s. Bericht Seite 1). Um maximal 28 Prozent will die schwedisch-deutsche Vattenfall AG die Preise hochschrauben. „Wir finden das ziemlich dreist“, meint Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Denn die Preise für die Stromdurchleitung seien schon heute „ziemlich überhöht“. Die Stromrechnungen in Deutschland seien doppelt so hoch wie in einem europäischen Durchschnittshaushalt.

Strom und Gas werden in Deutschland von wenigen Konzernen vertrieben. Beim Strom beherrschen vier den Markt: Eon, RWE, Vattenfall und die EnergieBadenWürttemberg (EnBW). Sie erzeugen nicht nur den Löwenanteil des Stroms, sie betreiben auch die Hochspannungsnetze, mit denen der Strom verteilt wird. Außerdem gehören ihnen diverse Regionalversorger, über die dann die Endkunden versorgt werden. Auf diese Weise können sie im Konzernverbund die Kosten de facto beliebig miteinander abrechnen. Derzeit kalkulieren sie nach außen so, dass angeblich bei der Stromdurchleitung sehr hohe Kosten entstehen. Das hat den Vorteil, dass andere Erzeuger von Strom einen deftigen Aufpreis zahlen müssen – das Netzentgelt – wenn sie ihren Strom über die Netze der großen vier an Firmen oder Privatverbraucher verkaufen wollen.

Besserung in der Wettbewerbslage auf dem Strommarkt ist nach Ansicht von Experten nicht in Sicht. So meint etwa der Ende vergangener Woche erschienene Bericht der Monopolkommission der Bundesregierung zum Entwurf des neuen Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG): „Der vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte Entwurf (…) sieht nur sehr begrenzte Handlungsspielräume für die zukünftige Regulierungsbehörde vor“ und bringe „keine substantielle Verbesserung.“

Dabei hat dieses Amt einen gewissen Nimbus: Die Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post (RegTP) wurde unter der Kohlregierung eingesetzt und hat effektiv die ehemals staatlichen Monopole der Telekom und der Post kontrolliert. Die Preise sanken stark.

Nach längerem Streit innerhalb der Bundesregierung wurde die Kontrolle der Strom- und Gasverteilung auch bei der RegTP angesiedelt. Die Bonner Behörde stellt derzeit schon 60 Leute ein, die später einmal die Strom- und Gasfirmen kontrollieren sollen. Allerdings können diese nichts tun, weil die Rechtsgrundlage, eben das novellierte EnWG, fehlt.

Das Bundeswirtschaftsministerium weist zwar darauf hin, dass es zur Kontrolle auch Bundes- und Landeskartellbehörden gibt sowie die Energieaufsichtsbehörden. Doch sind die Aufsichtsbehörden der Länder für die Netzentegelte nicht zuständig. Und das Bundeskartellamt hat zwar ein Dutzend Verfahren gegen Stromverteiler geführt, ist aber damit gescheitert: Entweder kassierte das Oberlandesgericht in Düsseldorf die Entscheide wieder ein oder die Verfahren ruhen.