: Mehr Schein als Gefecht
Die PDS meckert an Hartz IV herum, der Regierende von der SPD, Klaus Wowereit, gibt den Ordnungsrufer. So können sich beide Koalitionspartner trefflich profilieren
Es gibt natürlich keiner zu, dass alles nur ein Scheingefecht sein könnte. Aber es ist schon auffällig, wie locker SPD und PDS mit gegenseitiger Kritik im Zusammenhang mit Hartz IV umgehen. So können sich beide Parteien profilieren, die einen als Kritiker, die anderen als Reformer. Die Koalition gefährdet das nicht: Über Hartz IV gibt es keine Abstimmung im Senat, die das rot-rote Bündnis brechen könnte.
Am Dienstag hatten die beiden PDS-Senatoren Harald Wolf (Wirtschaft) und Heidi Knake-Werner (Soziales) nochmals getan, was sie seit längerem tun: ihren Unmut gegen die Folgen von Hartz IV publik zu machen. Es folgte die Replik des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD): Es sei an der Zeit, dass Wolf deutlicher unterscheidet zwischen seinen Aufgaben als Senator und seinem parteipolitischen Auftrag. Ein Ordnungsruf sozusagen. Eine gelbe Karte, heißt es in der Senatskanzlei.
Aber droht da irgendwer mit Konsequenzen, falls Wolf und Knake-Werner weiter Kürzungen kritisieren, die Hartz IV mit sich bringt? Nein. Keine Drohung, keine Sanktionen. Die PDS bekam sogar zuvor von der SPD angekündigt, dass der Regierende sie rügen würde.
So profitieren beide. Wowereit kann seinen Genossen in der SPD-Bundesspitze melden, er habe dem Koalitionspartner mal richtig die Meinung gesagt. Und die PDS kann sich weiter darauf berufen, soziale Härten zu brandmarken. Das schadet wenig. Denn wie sagt es Senatssprecher Michael Donnermeyer: „Hartz IV ist ein wichtiges Reformprojekt der Bundesregierung und nicht Gegenstand des Koalitionsvertrags.“
Deshalb gaben sie sich gestern bei der PDS auch eher entspannt. „Keine Aufregung“, kommentierte Knake-Werners Sprecherin Roswitha Steinbrenner, völlig normal sei es doch, wenn man in einer Koalition verschiedene Meinungen habe. Und Knake-Werner müsse sich kaum vorwerfen lassen, nicht intensiv an der Umsetzung von Hartz IV zu arbeiten. Die föderale Struktur fordere eben, dass die Länder Bundesgesetze umsetzen: „Deswegen muss ja auch Bayern Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen bezahlen.“
Ohnehin mochte Senatssprecher Donnermeyer seinen Regierenden nicht so verstanden wissen, dass er der PDS das Wort verbietet. Bloß die Senatoren sollten nicht im Amt Parteipolitik machen. PDS-Fraktions- und Parteichef Stefan Liebich etwa könne das gerne tun. Der blieb auch ganz entspannt und wies Wowereits Kritik lediglich als überzogen zurück. STEFAN ALBERTI