soundtrack
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Boy Division habe ich, sehr spät, zum ersten Mal auf einer Geburtstagsfeier in Lurup gesehen. Der Sänger war schwer angeschlagen und bewegte sich reichlich abseitig durch die Szenerie, der Rest der Band erging sich in gegenseitigen Beschimpfungen aus der so genannten untersten Schublade. Ich dachte: Das klingt wirklich krank. Heute weiß ich: Das ist es auch. Das Allerschönste aber ist: Die völlige Kaputtheit, mit der Boy Division die Lieblingslieder von dir und deinen Eltern nachspielen und mit Hilfe eines jede Nuance und jede Differenz einebnenden Megaphon-Gesangs auf ihre erbärmliche Nacktheit reduzieren, hat eigentlich nur eine ernüchternde Botschaft: Leute, da war nichts, woran man sich festhalten kann. Und so strahlt am Ende als einziges die Band selbst, ausgestattet mit dem, was man laut Selbstauskunft nicht lernen kann: Charisma. Ich unterschreibe. Fr, 13. 2., 20 Uhr, Grüner Jäger, neuer Pferdemarkt 36 Wenn man als Band den gleichen Namen wie ein hiesiger Elvis-Imitator trägt, gleichzeitig aber über einen niedrigeren Bekanntheitsgrad verfügt, muss schon gut Werbung gemacht werden, um Überraschungen für sich und andere zu vermeiden. Deshalb: Hinter Aaron King verbergen sich in diesem Fall fünf extrem apart aussehende junge Briten im musikalischen Spannungsfeld von „Belle & Sebastian“ und dem britischen Gitarren-Pop-Universum der 90er Jahre. Zu hören gibt es hier ausgesprochen hübsch arrangierte, warme und weich instrumentierte Songs, die in Abhebung von oben Genannten allerdings deutlich auf das Piano als Leitinstrument setzen. Sa, 14. 2., 20 Uhr, Prinzenbar, Kastanienallee 20 Mit Musicals wird landläufig nichts allzu Gutes assoziiert; gerade in Hamburg kann man ja bekanntlich ein wenig attraktives Lied über diesbezügliche Zumutungen singen. Umso erfreulicher, dass die von It’s A Musical ausgehende Drohung sich als heiße Luft entpuppt, weil die zweiköpfige Band dann doch eher in den Dunstkreis von anderen Duos wie „Mates of State“ gehört und so eine Art downgegradete Variante des Genres markiert. Wo dort allerdings Gefühligkeit vor allem in schöner, großer und kitsch-verdächtiger Geste ihren Ausdruck findet, werden hier in Sachen Pathos kleinere Brötchen gebacken. Ansonsten geht es unter Einsatz diverser Tasteninstrumente von Klavier bis Orgel ähnlich entschieden melodieorientiert zur Sache. Was zweistimmiger Gesang überdies anzurichten vermag, wenn er gekonnt ist, darf ja als bekannt vorausgesetzt werden. Auch dabei sind Ter Har aus Berlin mit eigentlich nervösem, aber letztlich doch gut griffigem Post-Hardcore, der ab jetzt in die Disco geht. Die ebenfalls angekündigten „Kid Dakota“ entfallen. Mo, 16. 2., 20 Uhr, Uebel & Gefaehrlich, Feldstraße 66 Punk, man muss es wohl nicht mehr erwähnen, war diese eine Sache, die es heute 50- bis 60-Jährigen erlaubt, wieder auf der Bühne zu stehen, um der Welt mitzuteilen, wie sich das anfühlt, in seinem jugendlichen Zorn gegen die Welt anzurennen. Kann man, muss man aber nicht machen, wenn man das Leben einigermaßen würdevoll durchziehen will. Aber kein Gebot ohne Ausnahme, das hier den Namen Buzzcocks trägt. Immerhin handelt es sich hier um eine der Bands aus dem Ur-Punk-Kontext, die bereits damals zu wenig gepöbelt haben, ein besonderes Gespür für Selbstironie aufwiesen und nicht zuletzt für fast schon unsterblich gute Hymnen verantwortlich zeichnen, die man besser nicht als Coverversion hören möchte (es sei denn von Boy Division), sondern im Zweifelsfall von den Urhebern persönlich. Di, 17. 2., 20 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30 NILS SCHUHMACHER