: Politik fordert Gnade für Jens Lehmann
Sachsens Wissenschafts- und Kunstminister Matthias Rößler bittet BDR, die Suspendierung zu überdenken
BERLIN taz ■ Die Angelegenheit hatte von Anfang an mächtig nach Intrige gerochen, und so ist es wohl nur folgerichtig, dass sich nun die Politik der Chose annimmt. Der Brief jedenfalls kam vom sächsischen Wissenschafts- und Kunstminister Matthias Rößler, und er war direkt adressiert an Sylvia Schenk, die Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Sein Inhalt: Ein Gnadengesuch für den Leipziger Bahnradfahrer Jens Lehmann. „Geben Sie Jens Lehmann eine Chance zur Rückkehr in die Nationalmannschaft und zum Start bei den nächsten Olympischen Spielen“, bat der Minister darin die Präsidentin. Dazu muss man wissen, dass Lehmann, 35 Jahre alt, zweifacher Olympiasieger im Bahnvierer ist und somit einer der weltweit besten seines Fachs. Dass er kürzlich in hohem Bogen aus der Nationalmannschaft geworfen wurde, hatte mit einem skandalträchtigen Vorfall bei der Bahnrad-WM kürzlich in Stuttgart zu tun. Dort galt der Leipziger in der Einerverfolgung als gesetzt, ehe er nach einem kurzfristig angesetzten und äußerst dubiosen Test seinen Startplatz für den Potsdamer Robert Bartko räumen musste. In Folge dieses Skandals forderte der thüringische Landestrainer Jens Lang seine Fahrer Lehmann, Christian Bach, Sebastian Siedler und Daniel Becke auf, auch den medaillenträchtigen Mannschaftsvierer zu boykottieren, was diese prompt taten. Der Start des deutschen Bahnradflagschiffs wurde mangels Beteiligung abgesagt, die Athleten als Folge dessen vom BDR von der Nationalmannschaft ausgeschlossen.
Dass sich nun die Politik in die absurde Geschichte einmischt, lässt Hoffnung keimen, dass sich die Dinge doch wieder normalisieren könnten im offensichtlich verwirrten Führungsgremium des BDR und dieses seine überzogene Strafe doch noch revidiert. Minister Rößler jedenfalls bittet darum, die Erfolge Lehmanns zu berücksichtigen und gibt zu bedenken, „dass Fragen gestellt werden, wie das Olympia-Bewerberland Deutschland mit seinen Sportlern und Olympia-Fürsprechern umgeht“.
Dabei scheint Rößler nicht der Einzige, dem die BDR-Entscheidung spanisch vorkommt. Auch Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) ist mittlerweile involviert. Dies vor dem Hintergrund, dass BDR-Sportdirektor Burckhard Bremer angekündigt hatte, mit der Suspendierung aus der Nationalmannschaft sei auch der Sportsoldaten-Status der Fahrer Siedler und Bach passé. Dazu Minister Struck: „Nicht der Verband entscheidet das, sondern wir. Wenn das Soldaten betrifft, werde ich mir die Sache genau ansehen.“ Für den BDR sind solche Sätze eine schallende Ohrfeige. KET