: Attac fürchtet neue Mitstreiter
Das Netzwerk der Globalisierungskritiker streitet über den Umgang mit Rechtspopulisten. Auslöser des Konflikts ist ein Bündnis der Frankfurter Attac-Gruppe mit einer rechten Wählerinitiative. Horst Mahler ruft zum gemeinsamen Kampf auf
von HEIKE KLEFFNER
Das Netzwerk Attac streitet über den Umgang mit rechten Globalisierungskritikern. Anlass ist das von Attac in Frankfurt am Main initiierte Bürgerbegehren gegen das „Cross Border Leasing“ der Frankfurter U-Bahn, die an eine amerikanische Aktiengesellschaft verpachtet werden soll. Mehr als 40.000 Unterschriften wurden bislang gesammelt, um einen Bürgerentscheid über die Angelegenheit zu fordern.
Doch nun sorgt das Bündnis „Rettet unsere U-Bahn“ für Katzenjammer statt Champagnerlaune. Der Stein des Anstoßes: die Beteiligung der rechtspopulistischen Freien Wähler „Bürger für Frankfurt“ (BFF) an dem Bündnis. Kritiker der Bündnispolitik von Attac Frankfurt haben den Konflikt nun an die Öffentlichkeit getragen. Damit ist die Frage, ob die globalisierungskritische Bewegung eine offene Flanke nach rechts hat, auf die Attac-Tagesordnung gesetzt.
„Es geht um den Unterschied zwischen einer emanzipatorisch-demokratischen und einer reaktionären und nationalistischen Globalisierungskritik“, sagt Thomas Seibert von der Frankfurter Hilfsorganisation Medico International, die zu den Mitbegründern von Attac gehört. Gemeinsam mit anderen Vertretern im Attac-Rat verweist Seibert auf die Erfahrung der Grünen. Die hatten sich Ende der Achtzigerjahre per Ausschlussverfahren von rechten Ökoaktivisten getrennt. Zur Debatte stehe das Selbstverständnis der globalisierungskritischen Bewegung: „Wird die soziale oder die nationale Frage gestellt?“
Zu Beginn des Frankfurter Bürgerbegehrens im Mai schien sich niemand daran zu stören, dass neben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Pax Christi oder der PDS auch die „Bürger für Frankfurt“ im Bündnis saßen. Dann aber weckten Verweise auf Programm und Parlamentsanträge der BFF, die mit einem Abgeordneten im Stadtparlament vertreten sind, erste Zweifel. „Alle Feierlichkeiten eines 3. Oktober enden mit dem Absingen der deutschen Nationalhymne“ wird da gefordert. Zudem, so die Kritiker, würden die BFF rassistische Ressentiments schüren, beispielsweise als Mitinitiatoren der Unterschriftensammlung gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Für die BFF sind das alles „linksextreme Verleumdungen, um das erfolgreiche Bündnis zu spalten“.
Michael Friedrich, einer der Sprecher von Attac Frankfurt, verteidigt das Bündnis mit den BFF. Man habe angesichts der großen Koalition im Frankfurter Römer bei der Opposition nach Unterstützung für das Bürgerbegehren suchen müssen. Zudem seien die BFF-Aktivisten während des Bürgerbegehrens „nicht unangenehm“ aufgefallen und hätten „Zeit und Geld aufgebracht“. Den Vorwurf der Kritiker, Attac Frankfurt habe sich mit der Erklärung, man dürfe eine erfolgreiche Kampagne nicht gefährden, monatelang vor einer Entscheidung gedrückt, kontert Friedrich: Die Kritiker hätten zunächst „kein fundiertes Material“ gegen die BFF vorgelegt. Nach der Diskussion sei aber nun klar, so Friedrich, dass die BFF für Attac „nicht der passende Umgang“ seien. Diplomatisch erklärt der Sprecher, es werde „wohl künftig keine Zusammenarbeit mit den BFF in der Form geben“. Ende August soll das Plenum der 300 Mitglieder von Attac Frankfurt darüber entscheiden.
Im September wird sich auch der bundesweite Koordinierungskreis von Attac mit den Frankfurter Ereignissen beschäftigen. „Es ist nicht ohne weiteres möglich, einzelnen Gruppen etwas vorzuschreiben“, sagt Sven Giegold, Sprecher des Attac-Netzwerkes. Allerdings gelte der Attac-Konsens, keine rassistischen, antisemitischen und rechtsextremen Positionen zu dulden, auch für Gruppen, mit denen man zusammenarbeite.
Die Debatte über eine klare Abgrenzung nach rechts wird derzeit auch im internationalen Netzwerk der Globalisierungskritiker geführt. Stein des Anstoses ist die polnische Zeitung Obywatel, die von einem Mitbegründer der polnischen Attac-Gruppe herausgegeben wird. Der deutsche Rechtsextremist Horst Mahler hatte in dem Blatt ein sechsseitiges Traktat veröffentlicht und gefordert, Linke und Rechte sollten „gemeinsam gegen das System“ kämpfen. „Diese Querfrontstrategie ist völlig inakzeptabel“, so Giegold.