: An die durstigen Deutschen!
Ein dringender Aufruf, die wichtigste Lücke im Wortschatz endlich zu schließen
Was ist das eigentlich für eine wenn auch irgendwie ehrwürdig alte, für die Erfindung der Alliteration zuständige und gleichwohl aber unvergleichlich fade, lahmarschige und abgefuckte Sprache, das so genannte Deutsche? Was, um mal genauer zu fragen und nachzuhakeln, ist eigentlich eine solche Sprache wert, die … –?
Nun, fangen wir von vorne an. Was ist das eigentlich für eine Sprache, in der irgendwie angeblich aus altehrwürdigen Gründen die wahre Tiefe der menschlichen Existenz wie in keiner anderen Sprache ausgedrückt zu werden vermag? Und die aber, die angeblich deutsche Sprache, noch nicht mal ein Wort parat und in petto hat, um den wahrlich tiefen Gemüts- und Körperzustand zu bezeichnen, der sich mit und nach einem Orgasmus – na, wie sagt man: einstellt? Was sagt man denn dann da und dort: „Mensch, Oldä, war das knorke“? Nö. Stattdessen: „Dett war brömpf“? Pah. Igitt. „Karuba“ wäre da schon schöner und schärfer. Oder: „Ach, blumati war’s …“ Nein. Nehmen wir, als vorläufige Hypothese: „Labus!“ Ja, „Labus!!“ Nein. Vielleicht doch eher: „Asagu.“ Und dann er zu ihr: „Mensch, war ich nicht asagu?“ Und sie: „Nich ganz. Aber du warst ziemlich … – gut.“
Man sieht, die Not ist groß und schwer. Fangen wir von vorne an. Was ist das Deutsche „eigentlich“ (Heidegger) angeblich für eine Sprache, in der man Wörter benutzen muss wie „eigentlich“, die es, eigentlich besehen, gar nicht gibt? Nun, geben tut es sie schon, aber: Was bedeuten sie eigentlich? Was bedeutet „eigentlich“? Na? Na gut, fangen wir von vorne an.
Wie bitte? Nicht? Man wird ja noch mal fragen dürfen! Warum, verflucht noch mal, ist der Deutsche (und die Deutschin nicht ausgeschlossen) nicht in der Lage, zu sagen, was Sache ist? Das ist doch scheiße! Nein, es ist nicht eigentlich scheiße, es ist: Scheiße! Mann!
Theoretisch müssten wir eigentlich noch mal von vorne anfangen, tun wir aber nicht. Wir sind doch nicht bescheuert, behämmert, bekloppt, beömmelt, bedröppelt, belämmert. Aber, was wir in dieser wunderbaren, verhobelten Sprache, wir, die von der Sprache behinderten Schweinepriester und Arschgeigen (was im übrigen schöne deutsche Wörter sind, genauso wie … – uns fallen jetzt keine schönen Schimpfwörter mehr ein, das waren eben gerade die besten) – wir müssen diesen Satz unterbrechen.
Hiermit rufen wir bei dieser erstklassigen Gelegenheit auf: Deutsche! Freunde! Verwandte! Kampfgenossen! Vereinskameraden! Und, nicht zu vergessen: Politiker (inkl. Gesine Schwan)! Schreibt an die Dudenredaktion in Mannheim-Mitte/Süd (Postfach 100311, 68003 Mannheim) und setzt euch dafür ein, dass das Wort „schlatophisch“ in den gottverdammten und schon von Kaiser Wilhelm gesegneten Duden aufgenommen wird!
Warum? Warum nicht! Klingt „schlatophisch“ nicht schön? Schön wie „Beischlaf“, das „Wollschaf“, die „Wollust“? Eben. Es meint aber – ganz was anderes.
Wie bereits der Dichter Robert Gernhardt vor Jahren feststellte, fehlt in diesem dackeligen, verdudelten und gleichwohl seit Walter von der Vogelmeise höchst holden Deutschen ein Wort für: gestillten Durst. Ein Deutscher, der ausreichend gegessen hat, ist: „satt“. Ein Deutscher, der ausreichend getrunken hat, ist …? Na? Richtig, er ist „schlatophisch“. Gut erkannt.
Denn „schlatophisch“ mixt und vereint alle wohlklingenden Laute aus den deutschen Wörtern „euphorisch“, „erleichtert“, „gelöst“ und „gelöscht“, um nur einige der gerade noch irgendwie angeblich brauchbaren Wörter der zum Gähnen verkotzten und keine alte Drecksau mehr hinter ihrem miesen, kalten Ofen hervorlockenden deutschen „Sprache“ zu nennen. Das heißt: „Schlatophisch“ stehe fürderhin, bei Gott und unserem Kaiser, für: „Nee, ich will nix mehr trinken.“
Deutsche, schreibt nach Mannheim! Sendet Briefe, Karten, Telegramme! Nach Robert Gernhardts gescheitertem Versuch, „schmöll“ als Lexem für „nicht mehr durstig“ bei der Duden-Redaktion in Mannheim durchzudrücken, muss nunmehr mit Volkes Kraft eine ultimative Entscheidung herbeigeführt und der Wortschatz um „schlatophisch“ erweitert werden! Schreibt massenhaft! Macht alle mit! Seid bereit, immer bereit! Ein Brief kostet nur 55 Cent! Scheiße, das ist doch nicht zu viel verlangt! Rotfront! Halleluja! Heureka! Hurra! Haut „schlatophisch“ durch! Wir danken euch.
KATHARINA REHSE JÜRGEN ROTH