Die Sahara-Fahrt ist zu Ende

14 Geiseln aus der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden, die knapp sechs Monate in der Gewalt einer islamistischen Gruppe waren, sind nach Hause zurückgekehrt. Deutsche Sicherheitskräfte helfen angeblich bei der Suche nach den Entführern

aus Köln HENK RAIJER

Unbemerkt von den Kamerateams, die sich gestern Morgen am Rollfeld des Kölner Militärflughafens Wahn postiert hatten, um die Statements von Staatssekretär Jürgen Chrobog zum Ausgang des Geiseldramas aufzunehmen, fuhr vor der Ankunftshalle des Airports ein kleiner Gepäcktransporter vor. Bundeswehrsoldaten packten die Habseligkeiten der 14 Sahara-Geiseln aufs Förderband. Ihre Besitzer waren kurz nach halb acht dem Luftwaffen-Airbus aus Bamako entstiegen und sofort mit Bussen abtransportiert worden. Inmitten zerfetzter Rücksäcke, Plastiktüten und provisorisch verschnürter Jutesäcke rumpelte ein gelber Karton übers Band ins Innere der Baracke – die Aufschrift: „Wine of Algeria“.

Knapp sechs Monate nach ihrer Entführung in der südalgerischen Wüste sind gestern die letzten 14 von insgesamt 32 verschleppten Sahara-Urlaubern wohlbehalten in Deutschland angekommen. Mitte Mai waren bei einer Befreiungsaktion 17 Touristen freigekommen. Die Entführer, bei denen es sich nach algerischen Angaben um die „Salafistischen Gruppen für Predigt und Kampf“ handelt, hatten sich daraufhin mit ihren restlichen Geiseln über die Grenze nach Mali abgesetzt.

Jürgen Chrobog, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, der die 14 Exgeiseln in Bamako, der Hauptstadt Malis, abgeholt hatte, sprach nach der Ankunft in Köln von der „langwierigsten Rettungsaktion deutscher Touristen im Ausland, die wir je durchgeführt haben“. Er habe sich auf dem sechsstündigen Flug nach Deutschland davon überzeugen können, dass es den Freigelassenen „gesundheitlich erstaunlich gut geht. Auch mental sind alle in bester Verfassung“, sagte Chrobog über die neun Deutschen, vier Schweizer und einen Niederländer, die gerade sichtlich erschöpft, aber äußerlich wenig angegriffen den Airbus verlassen hatten und nun auf dem Weg zum benachbarten Köln-Bonner Flughafen waren, um ihre Angehörigen zu treffen.

Anschließend erinnerte der Außenstaatssekretär an den tragischen Tod von Michaela Spitzer. Die 45-jährige Deutsche war im Juni an einem Hitzschlag gestorben.

Lobende Worte fand Chrobog für Malis Präsidenten Amadou Toumani Touré, dessen Regierung bei den Verhandlungen mit den Entführern großes Geschick bewiesen habe. Die Übergabe der Geiseln, die sich schon seit Montag in der Obhut malischer Vermittler befanden, hatte sich mehrmals verzögert. Nach einer stundenlangen Fahrt durch unwegsames Gelände waren sie am Dienstagabend in der Stadt Gao eingetroffen. Von dort brachte eine Transall der Bundeswehr die Freigelassenen in das mehr als 1.000 Kilometer südwestlich gelegene Bamako, wo der Airbus 310 schon wartete, um die Gruppe nach Köln zu fliegen. Aber Malis Präsident ließ es sich nicht nehmen, die 14 Befreiten – und damit sich – gebührend zu feiern. Eine Stunde sollten sie schon noch erübrigen für einen Empfang zwischen Marmor, hell leuchtenden Lüstern und schwarzem Samt.

Eine bunte Truppe betrat also um Mitternacht den Palast von Bamako. Sie trugen Turnschuhe oder Sandalen, lange Wüstengewänder oder Hemden, Kakihosen oder zerlumpte Jeans. Manche hatten einen Vollbart, andere eine braun gebrannte Glatze. „Wir wurden nicht misshandelt, aber es gab Perioden der Anspannung und Angst“, erzählte Marc Hediger, 42, aus der Schweiz am Rande der kurzen Zeremonie.

Die Entführer hatten sich am Montag sofort nach der Übergabe der Geiseln aus dem Staub gemacht – wie es nach nicht bestätigten Berichten hieß, um 4,6 Millionen Euro reicher. Nachdem Bundeskanzler Schröder am Dienstagabend „den Freunden in Mali und Algerien“ in Aussicht gestellt hatte, Deutschland sei im Antiterrorkampf „zu jeder Zusammenarbeit“ bereit, wurde gestern kolportiert, deutsche Sicherheitskräfte stünden bereit, Malis Regierung bei der Jagd auf die flüchtigen Entführer zu helfen.