: Saab insolvent, Opel in Sorge
Die schwedische GM-Tochter Saab ist pleite. Das erhöht auch die Sorge bei Opel – zumal die finanzielle Situation dort noch schlechter ist als bisher gedacht. In Rüsselsheim setzt man weiter auf eigenständige Holding der europäischen Töchter
VON REINHARD WOLFF UND KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Der traditionsreiche schwedische Autohersteller Saab hat am Freitag Insolvenz angemeldet. Dieser Schritt war notwendig geworden, nachdem in dieser Woche der ums Überleben ringende US-Mutterkonzern General Motors (GM) die Finanzierung von Saab einstellte und die Regierung in Stockholm finanzielle Unterstützung ablehnte.
Viele Unterlieferanten, von denen die Produktion der Saab-Modelle zu 75 Prozent abhängig ist, hatten daraufhin aus Furcht, auf ihren Rechnungen sitzen zu bleiben, die Lieferungen gestoppt. Die jetzt eingeleitete juristische „Rekonstruktion“ bedeutet, dass Saab ab sofort alle Lieferungen bar bezahlen muss, während alle bislang aufgelaufenen Schulden auf Eis gelegt werden. Kommt es binnen drei Monaten zu keiner Einigung über die Altschulden durch einen zumindest teilweisen Schuldenverzicht der Gläubiger, droht mit einem Konkurs das endgültige Aus.
Die „Rekonstruktion“ zielt auf ein Herauslösen von Saab aus dem GM-Konzern ab. Die Erfolgsaussichten einer unabhängigen Saab-Produktion zeichnet die Geschäftsführung selbst aber gegenüber dem Konkursgericht rabenschwarz. Danach hat man im vergangenen Jahr einen Verlust von 300 Millionen Euro gemacht und erwartet ein mindestens ähnlich hohes Minus 2009. Dieser Verlust beruhe auf sinkender Nachfrage, für die eine zu kleine Modellpalette, technisch veraltete Modelle und eine nur weniger als zur Hälfte ausgenutzte Produktionskapazität verantwortlich gemacht werden.
Eine Änderung dieser Situation erwartet man bei Saab frühestens 2011. Dann könne man neue Modelle anbieten, für die man sich auf dem Markt eine Chance ausrechne. Für ein mögliches Überleben bis dahin und auch danach bedürfe es eines starken Partners, der Interesse und Ressourcen habe, in Saab zu investieren. Ein solcher sei derzeit aber nicht in Sicht. Steuergelder gelten als einzige Möglichkeit, Saab zumindest bis Ende 2009 über Wasser zu halten.
Obwohl neben 4.300 Arbeitsplätzen bei Saab bis zu 30.000 weitere im Umfeld auf dem Spiel stehen, hat die Regierung in Stockholm dies bisher stets abgelehnt. Saab gilt – im Gegensatz zum mittlerweile ebenfalls ins Schlingern geratenen Volvo – als hoffnungsloser Fall. Seit 1995 hatte das Unternehmen GM nur Verluste eingebracht.
Eine schlechte Nachricht ist die Saab-Insolvenz auch für die deutsche GM-Tochter Opel. Dort haben die Betriebsräte bisher darauf gesetzt, die drei europäischen GM-Marken Saab, Opel und den britischen Vauxhall zu einer unabhängigen Holding zusammenzufassen. Diese sollte für Beteiligungen Dritter offen sein – dazu könnten asiatische Autobauer ebenso gehören wie staatliche Beteiligungen. GM Europe, die Geschäftsleitung der Adam Opel GmbH und der europäische Gesamtbetriebsrat äußerten am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung die „feste Überzeugung“, dass Opel „als Kernmarke des europäischen Geschäfts eine gute Zukunft hat“.
Seitdem hat nicht nur Saab Insolvenz angemeldet. Auch von Opel gibt es schlechte Nachrichten. In diversen Meldungen berichten Insider, dass der akute Kapitalbedarf des Unternehmens nicht, wie bisher angenommen, bei 1,8 Milliarden Euro liegt, sondern bei bis zu 3,3 Milliarden. Damit würde die bisher beantragte Staatsbürgschaft nicht ausreichen. In Regierungskreisen wurden die Zahlen als Spekulationen bezeichnet.
Grund für die schlechten Zahlen sollen Absatzeinbrüche in Märkten wie Spanien sein. Zudem belasten Wechselkursveränderungen das Geschäft mit Russland und England. GM erklärte zu dem erhöhten Bedarf, „seit November hat sich die für Opel so wichtige Absatzsituation auf großen europäischen Märkten dramatisch verändert“.
Am Plan der Gründung einer europäischen Holding mit Saab will man in Rüsselsheim zunächst festhalten, wie die taz am Freitag aus Managementkreisen in Rüsselsheim erfuhr. Auch bei Saab müsse klar sein, dass die Marke nur bei einem Zusammengehen mit Opel Überlebenschancen habe; Saab allein sei viel zu klein, um auf dem globalen Markt bestehen zu können. Gefordert sei auch die Regierung in Schweden – „und eine kluge Insolvenzverwaltung, die dafür sorgt, dass der Betrieb dort weitergeht“.
Die schwedische Regierung will aber bei ihrem Nein bleiben. Sie kündigte an, anstelle einer zweifelhaften Saab-Unterstützung lieber die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Unternehmen der Wellenkraft, Wind-, Bio- und Solarenergie zu fördern. Laut Meinungsumfragen ziehen auch zwei Drittel der SchwedInnen dieses Konzept einem Rettungsversuch für Saab vor.
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