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Archiv-Artikel

Zum Wellenreiten nach München

Eine spezielle Konstruktion an einer Brücke könnte der Isar 2006 eine 2-Meter-Welle bescheren. Es wäre die erste stehende Welle in einem Fluss

„Lass uns Wellen reiten gehen“, singen die Sportfreunde Stiller in einem ihrer Hits. In ihrer Heimatstadt sind die Münchner zwar weit weg von großen Wellen. Trotzdem kann man dort an einem Isararm surfen. An dieser Stelle bricht das Wasser so, dass eine stehende Welle von etwa 70 Zentimetern entsteht. Diese Welle ist mittlerweile eine Touristenattraktion, in Hawaii bekannt als „Munich Wave“. Und sie wird nun vielleicht einen großen Bruder bekommen. Zumindest wenn es nach Markus Gruber und Markus Aufleger geht. Gruber, surfender Grafiker, hat vor zwei Jahren den Kontakt zum Wasserbauingenieur Aufleger gesucht, um einen Traum Wirklichkeit werden zu lassen: eine Riesenwelle, die sich in einer röhrenartigen Form bricht – eine tube mitten in der City.

Bisher hatte niemand die Dynamik von stehenden Wellen in Flüssen erforscht. Eine Diplomarbeit an der Versuchsanstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft, TU München, die Aufleger betreute, lieferte erste Daten. Dann tüftelte das Team Gruber/Aufleger selbst weiter, berechnete Geometrien, klebte Styroporteile aneinander, bis die ortsfeste Welle als 60 Zentimeter breites Modell Gestalt annahm.

Der Entwurf sieht zwei Teile vor: eine räumlich verzogene Rampe, um der Strömung die richtige Richtung zu geben, und einen schlauchartigen Wellenkörper aus Kunststoff, der mit Wasser gefüllt und schräg zur Fließrichtung angeordnet ist.

Die Idee zum Wellenkörper hatte Aufleger von Wasserwehren abgeschaut, die ähnliche Schlauchkonstruktionen haben. Damit die Welle Kraft bekommt, muss sie an einer Stelle des Flusses entstehen, an der es eine Stufe gibt. Bei Wehren ist die Dynamik jedoch genau umgekehrt: Man nimmt dem Wasser die Kraft, bevor es unten ankommt, sonst würde das Ufer ausgehöhlt. „Wir werden die Energie aber weiterleiten und in der Welle münden lassen“, so Aufleger.

Der Wellenkörper kann auf hohe und tiefe Wasserstände reagieren. „Bei Hochwasser flacht man ihn ab, um Flusssohle und Ufer zu schonen.“ Zudem könne man die Höhe jeweils an das Fahrkönnen des Publikums anpassen. Lediglich für das Verstellen wird Energie benötigt. Andere Wellen, auf denen man surfen kann, etwa im Schwimmbad „Alpamare“, verbrauchen sehr viel mehr Strom. Dort lässt man einen Wasserstrahl so auf die Oberfläche aufprallen, dass sich die Welle hebt.

Einen Ort für die Welle haben die Erfinder der „tube6“ bereits ausgemacht: die Wittelsbacher Brücke. „Diese Stelle wird sowieso 2006 im Zuge einer Renaturierung der Isar aufgebaggert“, so Gruber. Der gesamte Unterbau der Welle wäre dort 15 bis 20 Meter breit und 25 Meter lang.

Die Idee wurde bereits in diversen Ausschüssen diskutiert. Die Stadt hat nichts dagegen, sieht nur noch einige juristische Details ungeklärt. Das auf 300.000 bis 400.000 Euro geschätzte Vorhaben soll von Sponsoren finanziert werden. „Würde die Welle im Herbst vom Stadtrat genehmigt, wäre sie die erste steuerbare Welle in einem Fluss weltweit“, schwärmt Gruber.

KATHRIN BURGER