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Archiv-Artikel

Bühne für Paramilitärs

In Kolumbien dürfen rechte Freischärler erstmals im Kongress reden. Dafür werden Haftbefehle ausgesetzt

LIMA taz ■ Mit Anzug und Krawatte statt mit Uniform und Gewehr marschierten am Mittwoch Salvatore Mancuso, Iván Roberto Duque, alias „Ernesto Báez“, und Ramón Isaza in Kolumbiens Kongress. Die drei Kommandanten der ultrarechten Paramilitärs, die für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden, nahmen vor dem Parlament Stellung zu den Verhandlungen zwischen der Regierung und den rechten Freischärlern.

Erstmals bekamen damit Paramilitärs die Möglichkeit, sich vor dem Kongress zu äußern. Damit die drei nicht festgenommen werden, weil ihnen Drogenhandel, Massaker an der Zivilbevölkerung und Entführungen angelastet werden, wurden ihre Haftbefehle für den Hauptstadtbesuchstag schlicht ausgesetzt.

Als Redner im Parlament zeigten sie sich nicht weniger kämpferisch als auf dem Land. Zwar seien sie bereit, so Mancuso, ihre Organisation zu entwaffnen und künftig als politische Partei zu streiten. Doch seien sie nicht bereit, vorher ins Gefängnis zu gehen, um für ihre Verbrechen zu büßen. „Als Entschädigung für unsere Mühe und Entbehrung, mit der wir das halbe Vaterland von der Guerilla befreit haben, und dass wir verhindert haben, dass sich unser Land in ein zweites Kuba oder Nicaragua verwandelt, können wir nicht ins Gefängnis gehen“, sagte Mancuso.

Gegenwärtig verhandeln die Paramilitärs mit der Regierung über eine Entwaffnung der rechten Truppe, die über exzellente Kontakte zu den Streitkräften verfügt. Vor dem Kongress entschuldigten sich die Kommandanten für die von ihrer Organisation begangenen Verbrechen. Doch schuld daran sei der Staat, der die Kolumbianer allein mit der Guerilla lasse.

Darüber zu debattieren war unmöglich. Denn sobald sie gesprochen hatten, verließen die drei Anführer wieder den Kongress und wurden zurückgeflogen in die ihnen zugestandene Zone 750 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bogotá. Dort verhandeln sie mit der Regierung.

„Keine Wahrheit, keine Gerechtigkeit, keine Entschädigung – was geht hier eigentlich vor?“, schimpfte der Kongressabgeordnete des Demokratischen Pols, Gustavo Petro, nach den Reden der Kommandanten. Und vor dem Kongressgebäude protestierten Angehörige von Opfern gegen die Präsenz der rechten Freischärler im Parlament. Menschenrechtsgruppen warnten die Regierung davor, die Paramilitärs zu institutionalisieren und ihnen Straffreiheit zuzugestehen. INGO MALCHER