: Eltern werben für Modellschule
Die Grundschule Borchshöhe gilt wegen ihres aus Schweden importierten Konzepts als vorbildlich. Jetzt kämpfen die Eltern dafür, dass es ausgebaut werden kann, anstatt beendet zu werden
von FELIX ZIMMERMANN
Schweden beginnt in Bremen-Nord, zumindest was den Vorbildcharakter bildungspolitischer Modelle in dem skandinavischen Land angeht. Für gut 120 Lehrer, Studenten, Referendare, Politiker und Professoren jedenfalls geht jährlich die Reise zur in Bremen-Nord beheimateten Grundschule Borchshöhe, um dort das aus Schweden importierte Schulmodell einer „Skola 2000“ kennenzulernen. In der Grundschule wird seit acht Jahren nach der Methode unterrichtet, die mit dem bricht, was hierzulande größtenteils noch Standard ist: Auf der Borchshöhe gibt es jahrgangsübergreifenden Unterricht, individuelle Aufgabenpläne für jedes Kind, eigenständiges Lernen und Arbeiten je nach Leistungsstärke, wer nicht weiter weiß, fragt die Lehrerin oder den Mitschüler.
Bislang ist die Grundschule Borchshöhe eine sechsjährige Ganztagsschule – und genau darin liegt das Problem, gegen das vor allem die Elternschaft jetzt ankämpft. Nach dem neuen Bremer Schulgesetz wird es nur noch vierjährige Grundschulen geben und danach entweder das Gymnasium bis zur 12. Klasse oder die Oberschule bis Klasse 10 mit gymnasialer Oberstufe bis Klasse 13. Eine sechsjährige Grundschule ist grundsätzlich im Gesetz nicht vorgesehen. Weil sie ihr Modell aber für erfolgreich halten und ihnen vier Jahre zu kurz sind, wagen die Eltern mit Schulleiterin Petra Köster-Gießmann die Offensivstrategie: Die Schule soll zur zehnjährigen Ganztagsschule ausgebaut werden. Das wäre möglich, wenn die Bildungsbehörde die Schule als Modellschule anerkennt. Ein Antrag ist gestellt.
Der Ausgang ist allerdings ungewiss. Zwar wurden neulich in Vegesack in wenigen Stunden hunderte Unterschriften für die Unterstützung des Antrags gesammelt, aber allein das wird nicht ausreichen. Weil die rot-grüne Koalition das Schulgesetz als Kompromiss gemeinsam mit der CDU ausgehandelt hat, hat die mitzuentscheiden. Und CDU-Bildungsexperte Claas Rohmeyer gibt klar zu erkennen, was seine Partei von Schulmodellen dieser Art hält: „Wir können der zehnjährigen Schule nichts abgewinnen.“
Die CDU setze auf das mit der Regierungskoalition ausgehandelte Zwei-Säulen-Modell nach der vierjährigen Grundschule. Er verweist ansonsten auf das, was die Bildunsgdeputation der Grundschule Borchshöhe bereits mit auf den Weg gegeben hat: Eine enge Kooperation mit dem benachbarten Schulzentrum an der Lerchenstraße, das in Zukunft eine Oberschule beherbergen wird.
Davon halten die Elternvertreter allerdings nicht viel – und können auf Bildungsexperten verweisen, die die Zusammenarbeit von Modellschulen und Regelschulen skeptisch beurteilen. Heinz Günter Holtappels etwa vom Dortmunder Institut für Schulentwicklungsforschung sagt, das sei nur erfolgversprechend, wenn „das Schulzentrum zuerst auf einen entsprechenden Entwicklungsstand in der Lernkultur und der Förderung sowie in der Organisationskultur gebracht wird“. Ansonsten würden „unterschiedliche Schulkulturen und pädagogische Praxisformen aufeinanderprallen, die für erfolgreiche Reformen wenig zielführend sind“. Ursula Carle, Professorin für Grundschulpädagogik an der Uni Bremen, findet es naheliegend, die Schule, die als sechsjährige Schule gut funktioniert, auszubauen: „Die haben dort so viele innovative Ressourcen, dass sie es schaffen würden.“ Die Landesregierung wolle durchgehende Schulen, dann solle sie es doch befördern.
Im Haus von Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) allerdings hält man sich bedeckt: Der Antrag sei bekannt und werde von der Arbeitsgruppe Standortplanung bearbeitet. Dem wolle man nicht vorgreifen.