: So schön ist Rügen
Der Deutsche Presserat rügt nicht nur, er warnt jetzt auch verstärkt, unter anderem vor dem großen Lauschangriff
Starke Worte vom Deutschen Presserat: Diverse geplante Gesetze wie das zum „Großen Lauschangriff“ und zur Finanzmarktberichterstattung führen zu einer zunehmenden Einschränkung der Pressefreiheit. Dazu komme eine problematische Rechtsprechung wie das „Caroline-Urteil“ des Europäischen Menschenrechts-Gerichtshofs (taz vom 25. 6.) oder das Urteil über die Stasiakten von Exbundeskanzler Helmut Kohl.
„Der Entwurf beim Lauschangriff beseitigt den Schutz von JournalistInnen vor staatlichen Abhörmaßnahmen“, sagte Presserats-Geschäftsführer Lutz Tillmanns und forderte die Rücknahme des Gesetzentwurfs. Bei der Finanzberichterstattung drohe eine Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finandienstleistungsaufsicht (BaFin), das Kohl-Urteil „relativiere in bedenklicher Weise den Zugang von Journalisten zu Stasiakten“.
Alles richtig – und auch die Drastik kommt nicht von ungefähr: Denn der Presserat musste sich jüngst von ungewohnter Seite Kritik gefallen lassen – von den JournalistInnen höchstselbst. „Mehr Öffentlichkeit und Transparenz des Rates, eine pluralistischere und fachkompetente Zusammensetzung“ und eine „intensivere Wahrnehmung“ seiner Kontrollaufgaben forderte auch gestern nochmals die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche. Presserats-Sprecherin Ilka Desgranges wies erwartungsgemäß die „Mär“, das Selbstkontrollgremium der Printmedien sei ein „zahnloser Tiger“, zurück. 2003 seien 18 der 20 öffentlichen Rügen, die der Presserat bei massiven Verstößen gegen den Pressekodex ausspricht, in den kritisierten Blättern auch abgedruckt worden. Weitere sechs Rügen – davon allein vier für die Bild-Zeitung – seien aus Rücksicht auf die Betroffenen in die Kategorie „nichtöffentlich“ gewandert, um die „Opfer nicht noch mal der Öffentlichkeit preiszugeben“, sagte Desgranges, Im Hauptberuf Redaktionsleiterin beim Holtzbrinck-Blatt Saarbrücker Zeitung. Dass die Beschwerdegremien nichtöffentlich tagten, liege in der Natur der Sache.
18 Rügen für „Bild“
In diesem Jahr hat der Presserat nach zwei Sitzungen seines Beschwerdeausschusses bereits 18 Rügen erteilt, davon allein 7 für Bild. Insgesamt sind bis Ende Juli 365 Eingaben beim Presserat erfolgt, bei dem sich jeder über die Berichterstattung in Printmedien beschweren kann (Info: www .presserat.de). Bis Jahresende wird mit rund 680 Fällen, so viel wie 2003, gerechnet. Die taz war zuletzt 2002 vom Presseart gerügt worden. STG