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Archiv-Artikel

Blair ist Hirn los

Noch vor dem Abschluss der Kelly-Untersuchung hat der Pressechef des britischen Premiers, Alastair Campbell, seinen Rücktritt angekündigt

DUBLIN taz ■ Alastair Campbell hat seinen Rücktritt angekündigt. Der Kommunikationschef des britischen Premiers Tony Blair sagte gestern nachmittag: „Es war ein außerordentliches Privileg, in der Opposition und in der Regierung mit jemandem so eng zusammenzuarbeiten, den die Geschichte als großen Premierminister des Wandels beurteilen wird, wie ich glaube.“ Einen Termin für den Rücktritt nannte er nicht.

Dass er seinen Job aufgeben würde, ließ er mehrmals anklingen. Doch hatte man erwartet, dass er den Abschluss der Kelly-Untersuchung von Lordrichter Brian Hutton abwarten würde, weil es sonst wie ein Schuldgeständnis aussehe. Campbell ist eine der zentralen Figuren dieser Untersuchung: Die BBC behauptete in einer Sendung im Mai, Campbell habe dafür gesorgt, das Regierungsdossier vom vorigen September aufzubauschen und die vom Irak ausgehende Gefahr zu übertreiben. Campbell zettelte daraufhin einen persönlichen Krieg gegen die BBC an, der den Wissenschaftler David Kelly als Informanten des Senders bloßstellte. Kelly brachte sich deshalb offenbar um.

„Campbell ist ein fähiger, furchtloser, loyaler Diener der Sache, an die er glaubt, und der sich nicht nur der Sache, sondern auch seinem Land verschrieben hat“, sagte Blair gestern. „Er war, ist und bleibt ein guter Freund.“ Campbell war mehr als nur ein Pressesprecher. Er verließ das Boulevardblatt Daily Mirror, als Blair 1994 Labour-Chef wurde, und gilt als einer der Architekten von „New Labour“. Kommentator Michael Brown sagte, es sei, als ob man Blair das Hirn herausoperierte. Campbell hatte großen Einfluss auf Blair. Manche meinten sogar, er sei mächtiger als der Premier. Das hat ihm viele Feinde eingebracht, auch in der eigenen Partei.

Campbell nannte persönliche Gründe für seinen Rücktritt: Er und seine Familie hätten einen hohen Preis für seine exponierte Rolle bezahlt. Er werde keinen neuen „großen Job“ annehmen. Stattdessen will er „schreiben, Radiosendungen machen und Reden halten“. RALF SOTSCHECK