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Archiv-Artikel

Burundi behält Machtteilung zwischen Hutu und Tutsi

Kurz vor den Wahlen, die Burundis Übergang zur Demokratie krönen sollen, sichert ein Abkommen die fortdauernde Quotierung politischer Posten

BERLIN taz ■ Die bestehende Machtteilung zwischen Hutu- und Tutsi-Politikern in Burundi nach einem festen Schlüssel bleibt auch nach den geplanten freien Wahlen. Zwanzig politische Parteien aus Burundi unterschrieben gestern in Südafrika ein entsprechendes Abkommen.

In Burundi endet am 1. November eine dreijährige Übergangsfrist, die 2001 begonnen hatte und den seit 1993 andauernden Bürgerkrieg zwischen Tutsi-dominierter Armee und Hutu-Rebellen überwinden sollte. In dieser Übergangsfrist amtierte für die ersten 18 Monate der vorherige Tutsi-Militärmachthaber Pierre Buyoya als Präsident; er wurde im Mai 2003 vom Hutu-Politiker Domitien Ndayizeye abgelöst. Der Tutsi Buyoya hatte einen Hutu zum Stellvertreter, der Hutu Ndayizeye einen Tutsi. Auch in Regierung und Kabinett waren die Posten streng quotiert. Diese Regelung geht jedoch zu Ende, wenn vor Ablauf der Übergangsperiode das burundische Volk seine Regierung selbst wählt.

Die letzten und zugleich ersten freien Wahlen in Burundi, im Juni 1993, hatte ein Hutu gewonnen. Wenige Monate später wurde er von unzufriedenen Tutsi-Militärs getötet. Es folgte ein Bürgerkrieg, der über 300.000 der sechs Millionen Einwohner Burundis das Leben kostete. Dies sowie der Genozid an den Tutsi im Nachbarland Ruanda 1994 hat die Überzeugung um sich greifen lassen, dass es eine geregelte Kohabitation zwischen Hutu und Tutsi geben muss, soll Burundi zum Frieden finden und die nächsten Wahlen nicht genauso in die Katastrophe führen wie die letzten.

So bekommt nun der gewählte Präsident, unabhängig davon, ob er Hutu oder Tutsi ist, zwei Vizepräsidenten zur Seite gestellt – einen Tutsi und einen Hutu aus unterschiedlichen Parteien. Im Kabinett sowie im Unterhaus des Parlaments gibt es 60 Prozent Hutu und 40 Prozent Tutsi, das Oberhaus wird paritätisch aufgeteilt. Jede Kammer kriegt darüber hinaus drei Angehörige der Twa-Pygmäenminderheit. Die Quoten sind fast identisch mit denjenigen, die bereits in den amtierenden Übergangsinstitutionen gelten.

Nicht alle politischen Kräfte Burundis haben das Abkommen jedoch unterzeichnet. 31 Parteien waren zu den Verhandlungen in Südafrika eingeladen worden – nur 20 haben unterschrieben. Zu den Verweigerern gehört die Tutsi-dominierte frühere Staatspartei Uprona (Union für den Nationalen Fortschritt). Sie hatte zuvor vergeblich eine Verschiebung der Wahlen gefordert und außerdem vorgeschlagen, dass innerhalb der Tutsi- und Hutu-Quoten eine weitere Aufteilung zwischen Tutsi und Hutu nach Parteizugehörigkeit erfolgt, damit Hutu in Tutsi-dominierten Parteien eine Vertretung bekommen und umgekehrt. Die einst größte Hutu-Rebellenbewegung FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) nahm als einzige Kraft gar nicht erst an den Gesprächen teil.

Dennoch zeigte sich die südafrikanische Vermittlung zuversichtlich über den Bestand des Abkommens. Nun muss jemand für Burundi eine Verfassung unter Berücksichtigung des Abkommens schreiben. Dann muss es ein Verfassungsreferendum geben und dann freie Wahlen – alles vor Ende Oktober. Viele Beobachter halten das für unrealistisch. DOMINIC JOHNSON