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Archiv-Artikel

Fleißig und flexibel

Deutsche keine „Freizeitweltmeister“, sagen Forscher der Bundesarbeitsagentur. Längere Arbeitszeiten fragwürdig

BERLIN taz ■ Die Deutschen arbeiten mit effektiv 39,9 Wochenstunden praktisch genauso lange wie der Durchschnitt ihrer Nachbarn in den alten Ländern der EU (40 Wochenstunden). Dabei seien die Arbeitszeiten hierzulande überdurchschnittlich flexibel geregelt – zugunsten der Unternehmen. Darauf weisen Eugen Spitznagel und Susanne Wanger vom Institut für Arbeitsmarktforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hin. Einziger Nachteil aus Unternehmenssicht: Mit 29,1 Urlaubstagen hebe sich Deutschland deutlich vom alten EU-Schnitt (25,9) ab.

Wanger und Spitznagel gehen mit der aktuellen Arbeitszeitdebatte hart ins Gericht. Nicht nur das Bild vom „Freizeitweltmeister“ Deutschland sei aus den oben genannten Gründen falsch, auch die Hoffnung auf eine rasche Beschäftigungswirkung von längerer Arbeitszeit. Die Erfahrungen mit den Arbeitszeitverkürzungen von Mitte der Achtziger bis Mitte der Neunziger zeigten, dass kürzere Zeiten zunächst stark Jobs schufen. Mit der Zeit wurde dieser Effekt aber durch erhöhte Arbeitskosten „mehr oder weniger abgeschwächt“. Eine Arbeitszeitverlängerung dürfte nun „spiegelbildliche Wirkungen“ haben: Zunächst würden massiv Jobs verloren gehen und mit der Zeit würden die geringeren Arbeitskosten (insbesondere bei Verlängerung ohne Lohnausgleich) dies ganz oder teilweise wettmachen.

Die aktuelle Debatte sei zu stark von „einzelwirtschaftlicher Perspektive“ geprägt, sprich derjenigen der Betriebe. Dabei werde vergessen, dass die aktuelle Nachfrageschwäche eine Erhöhung der Produktion bei Mehrarbeit praktisch ausschließe. Außerdem nehme „die Produktivität der Beschäftigten im Schnitt mit zunehmender Stundenzahl ab“. So sichere eine Arbeitszeitverlängerung derzeit höchstens die Jobs der Beschäftigten.

Nach Umfragen des IAB stehen die Unternehmen einer generellen Verlängerung der Arbeitzeit (um 2 Wochenstunden) zu mehr als zwei Dritteln ablehnend gegenüber. Nur 3 Prozent erwarten positive Beschäftigungseffekte, aber 6 Prozent negative. Dagegen nutzen zwei von drei deutschen Betrieben bereits flexible Arbeitszeiten.MATTHIAS URBACH