Billiger geht’s nimmer

Die frömmlerisch-schleimige Erklärung von „Bischof“ Williamson ist bloß eine halbseidene Entschuldigung, aber kein Widerruf. Bundesjustizministerin Zypries erwägt, mit einem Europäischen Haftbefehl gegen den Holocaustleugner vorzugehen

VON PHILIPP GESSLER

Man kennt das nicht nur von deutschen Politikerinnen und Politikern: Wer Schlimmes gesagt hat und einen Sturm der Entrüstung erntet, widerruft das Gesagte selten. Der scheinbar Reumütige entschuldigt sich bestenfalls für das Leid, das er verursacht habe. Und betont zugleich, das habe er doch nicht gewollt. Im übelsten Fall ist es noch nicht einmal eine Entschuldigung, die zu hören ist, sondern lediglich ein Bedauern. So schleicht man sich davon – und das Gesagte bleibt in der Welt, auf dass Gras darüber wachse.

Genau so hält es der Holocaustleugner „Bischof“ Richard Williamson, der einen großen Anteil daran hat, dass die katholische Kirche mit ihren über einer Milliarde Gläubigen seit einem Monat in einer ordentlichen Krise steckt. Nachdem der Geistliche der ultratraditionalistischen Pius-Priesterbruderschaft beinahe den ganzen Februar brauchte, um sich darüber klar zu werden, ob es den millionenfachen Mord an den europäischen Juden gab, veröffentlichte er nun eine Erklärung, zu der er fast geprügelt werden musste. Und diese ist, wie zu befürchten war, unzureichend. Neben einer Entschuldigung „vor Gott bei allen Seelen, die über das, was ich gesagt habe, zutiefst empört waren“, ist der Kernsatz: „Angesichts dieser Folgen kann ich wahrheitsgetreu sagen, dass ich die Aussagen bedauere und dass ich sie nicht gemacht hätte, wenn ich vorher gewusst hätte, welchen Schaden und Schmerz sie anrichten würden.“

Diese frömmlerisch-schleimige Erklärung ist kein Widerruf, wie ihn Papst Benedikt XVI. verlangt hatte. Er hatte von Williamson gefordert, sich „öffentlich und in absolut unmissverständlicher Weise“ von der Holocaustleugnung zu distanzieren. Wie es aussehe, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi, erfülle der Brief „nicht die Bedingungen, die das vatikanische Staatssekretariat gestellt hat“. Er betonte zugleich, dass es so nicht möglich sei, Williamson als Geistlichen in die Kirche wieder aufzunehmen. „Völlig ungenügend“ nannte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, den Text Williamsons. Selbst der sonst so sanfte Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, kanzelte Williamsons Bedauern als „in keiner Weise befriedigend“ ab.

Wie aber geht es nun weiter? Wäre die Priesterbruderschaft konsequent, müsste sie Williamson ausschließen. Denn seine Oberen hatten eigentlich einen klaren Widerruf von ihm verlangt. Auch der Vatikan müsste die (Teil-)Rehabilitation des bis vor kurzem ausgeschlossenen „Bischofs“ zurücknehmen. Von der Pius-Bruderschaft erwartet Rom nicht nur ein deutliches Bekenntnis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, sondern auch eine unmissverständliche Absage an den uralten Judenhass, der unter diesen Ultratraditionalisten notorisch ist. Noch ist unklar, ob die Pius-Brüder beides tatsächlich leisten werden – und ob der Vatikan da wirklich hart bleibt.

Unterdessen ist die Politik weiter: Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) befürwortet Schritte gegen Williamson, der nach seinem Rauswurf aus Argentinien jetzt wieder in Großbritannien greifbar ist: „Auf jeden Fall muss ihm beigekommen werden in der EU“, unterstrich sie. Deutschland könne einen Europäischen Haftbefehl gegen Williamson ausstellen. Dies wäre als Folge des laufenden deutschen Ermittlungsverfahrens gegen Williamson möglich.

Der Vorstoß der Politik ähnelt dem nötigen Angriff von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf den Papst, der erst dadurch in der Williamson-Affäre zu deutlichen Worten fand. Die Langsamkeit und Güte Roms sind hier in keiner Weise angemessen.