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Archiv-Artikel

Kein Kavaliersdelikt

Polizeigewerkschaft warnt vor Verniedlichung von Delikten wie Zwangsprostitution und Menschenhandel

BERLIN taz ■ Der Handel mit Frauen aus Osteuropa wird in der deutschen Öffentlichkeit zu sehr heruntergespielt. Dies behauptete gestern der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg. „Ein riesiger Sklavenmarkt wird toleriert. Dort kaufen nicht nur Prominente, sondern auch Millionen normale Männer ihre Ware“, sagte Freiberg. Er sei nicht darauf aus, Persönlichkeiten bloßzustellen, „die sich selbst als Vorbilder für junge Menschen sehen“, sagte Freiberg. Angesichts einer Zahl von 120.000 Frauen und Kindern, die im letzten Jahr nach Deutschland verschleppt worden seien, habe er jedoch kein Verständnis dafür, dass die Zwangsprostitution in den Medien als Kavaliersdelikt dargestellt würde.

Diese Ansicht teilt auch der Kriminalexperte Manfred Paulus, der gestern in Berlin sein neues Buch zum Thema „Frauenhandel und Zwangsprostitution“ vorstellte. Der Kriminalhauptkommissar aus Ulm zeigt darin, wie Frauen in ihren Heimtländern angeworben, nach Deutschland eingeschleust und später ausgebeutet werden. Häufig würden den Frauen fälschlich Jobs als Aupairmädchen oder Haushalthilfe angeboten. Von freiwilliger Prostitution könne absolut keine Rede sein, mahnte Paulus an.

Viele Prostituierte aus Moldavien oder Georgien würden erst auf den Balkan verschleppt und später nach Westeuropa weitergeschickt. „Im Kosovo kostet eine Frau zwischen 1.500 und 2.500 Euro. In Deutschland werden sie dagegen für mindestens 15.000 Euro angeboten“, berichtete Paulus.

Häufig biete das deutsche Strafrecht keine Grundlage, um die Täter überhaupt zu verfolgen, bemängelten Paulus und Freiberg. Meist würden die Frauen abgeschoben, die Zuhälter kämen mit einer kleinen Strafe davon. LAURA MÜLLER