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Archiv-Artikel

Genetischer Fingerabdruck im Kommen

Schily und seine Länder-Kollegen wollen DNA-Analyse in der Polizeiarbeit nutzen. Sprayer werden verfolgt

Schily: Deutschland ist „terroristischen Bedrohungen von hoher Qualität“ ausgesetzt

NIERSTEIN/RHEIN taz ■ Da waren sich die Innenminister und Senatoren der sozialdemokratisch regierten Bundesländer mit Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) überraschend schnell einig: Die Analyse- und Speicherungsmöglichkeiten des „genetischen Fingerabdrucks“, der DNA im nicht kodierten Bereich, müssen bei Polizeiermittlungen „weitgehender als bisher genutzt werden“, sagte gestern der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Fritz Behrens, nach einer Konferenz der Innenminister aus den so genannten A-Ländern im rheinhessischen Nierstein.

Schon bisher nämlich seien mit der DNA-Analyse „erhebliche Ermittlungs- und Aufklärungserfolge“ erzielt worden. DNA-Abgleichungen, so Behrens weiter, sollten in der polizeilichen Alltagsarbeit bald so „normal“ werden wie die Abgleichung von Fingerabdrücken oder die Begutachtung von Lichtbildern. Das hatten Schily und auch viele Unionspolitiker schon lange gefordert. Jetzt machen auch die SPD-Länder mit – mit einer Einschränkung, wie Schily betonte. Bei Bagatelldelikten soll die DNA-Analyse nicht genutzt werden.

Dafür aber wird demnächst wohl das Bagatelldelikt „Farbschmierereien“ (Behrens) in jedem Fall strafrechtlich verfolgt werden. Auch hier rückten die SPD-regierten Länder auf Schily und die Union zu. Klare Maßstäbe seien zu setzen, sagte Behrens. Die „so genannten Graffiti“ seien „Sachbeschädigungen“, ein entsprechendes Gesetz bundesweit ein „Beitrag zur Sauberkeit in den Städten“.

Schily, der ohnehin ganz unprofessionell mit der Presse haderte, weil diverse Medien sein aktuelles, auf die Vernetzung der Polizeiarbeit von Bund und Ländern abzielendes polizeiliches Informationssystem Inpol-neu „unfair schlecht bewertet“ hätten, sagte dazu nichts. Dafür aber dann im Anschluss sehr viel zur „allgemeinen Sicherheitslage“ in Deutschland.

Das Land sei „Teil eines allgemeinen Gefahrenraumes“, der „terroristischen Bedrohungen von hoher Qualität“ ausgesetzt sei, sagte Schily. In den Augen vor allem islamistischer Organisationen und auch „einer Anzahl von Ländern“ sei Deutschland „Feindesland“. Und was dagegen tun? Sämtliche Innenminister der SPD-Länder sprachen sich mit Schily für die Installation einer neuen Datei „Islamistische Extremisten und Gewalttäter“ im System Inpol-neu aus; außerdem solle die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den Nachrichtendiensten verbessert werden.

Genau das, konstatierte Behrens, werde die „Schlagkraft der deutschen Sicherheitsbehörden bedeutend erhöhen“. Schily nickte und verwies auf die bisherigen Erfolge bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors: 176 laufende Ermittlungsverfahren, davon 63 beim Bundeskriminalamt (BKA); und auch schon „einige Verurteilungen“.

Eine erhöhte Gefahrensituation am 11. September sah Schily nicht. Allerdings will der Bundesinnenminister seinen Kabinettskollegen und dem Kanzler in der nächsten Woche ein „Flugsicherungsgesetz“ vorstellen. Darin gehe es um die Erhöhung der Sicherheit auch auf kleineren Flughäfen und um klare Handlungsanweisungen auch für die Bundesluftwaffe im Umgang mit verdächtigen Flugobjekten. Einzelheiten dazu wollte Schily im Vorfeld der Kabinettssitzung allerdings nicht vortragen. Und schon gar nicht vor der Presse.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT