: Bingo mit neuem Zungenschlag
Weil Umweltminister Sander die Lotto-Mittel unter seine Fittiche bringen will, wird die populäre NDR-Show am Sonntag erstmals politisch. Aber ganz, ganz sachte
Hannover taz ■Ein Buch des etwa 3-Zentner-Manns handelt von „tollen Torten“, er ist Schlagermusik-Experte. Nun wird Michael Thürnau einen etwas anderen Schlag in seine Bingo-Lotterie auf NDR bringen.
Eigentlich ist das TV-Format eine total kritikfreie Call-In-Show mit bis zu 350.000 Zuschauern, in der der Wonneproppen mit Spielern der Umweltlotterie Bingo um Kreuzfahrten, Bücher oder Handys daddelt. An diesem Sonntag wird Co-Moderatorin Monika Walden aber mit Dagmar Israel von der Deutschen Umwelthilfe und Alfons Heuger von den Naturfreunden Glandorf auch über die geplante Neuverteilung der Erlöse des Umweltspiels talken.
„Wir wollen die Sinne schärfen“, sagt dazu vorsichtig Silke Leinweber von der Produktionsfirma TV Plus.Und noch vorsichtiger der Moderator selbst: „Wir werden erzählen, was Bingo geschafft hat.“ Dass er kein Problem mit Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) habe, fügt er auch hinzu. Hintergrund: Die Bingo-Leute sehen die Förderung von Kleinstprojekten in Gefahr. Pro Bingo-Los (2,50 Euro) fließen 64 Cent in den Topf für Umweltprojekte. So wurden bislang Schulhöfe begrünt, Nistkästen aufgestellt, Fischotter und Feuchtwiesen gerettet. Rund sieben Millionen Euro Konzessionsabgabe jährlich bringt Bingo ein.
Nun will Umweltminister Sander Bingo unter seine Fittiche reißen– und mit der hauseigenen Umweltstiftung fusionieren. Dagegen laufen wiederum die Umweltverbände Sturm, die befürchten, nur noch Sander-Lieblinge wie Jäger, Angler oder Bauern erhielten Zuschüsse.
Im Umweltministerium sieht man das anders: „Herr Sander möchte nicht herrschaftlich über die Vergabe der Mittel entscheiden, sondern den Beirat, der sie bislang verteilt hat, übernehmen“, sagt eine Sprecherin. Außerdem bringe die Fusion von Stiftung und Bingo-Mitteln „Synergien“. Zur Zeit laufen noch Gespräche mit dem Innenministerium, das sich bislang auch dem Ansinnen Sanders widersetzt hat. ksc