: Auferstanden und dem Wahlsieg zugewandt
Hartz IV fördert die PDS: Stärkste Partei könnte sie in Brandenburg werden. Regieren darf sie trotzdem nicht
BERLIN taz ■ Die Krise der SPD im Osten hat einen Gewinner: die PDS. Nach der Bundestagswahl 2002 totgesagt, erwacht sie bei den diesjährigen Landtagswahlen im Osten zu neuem Leben. In Thüringen wurde sie zweitstärkste Partei, am 19. September in Brandenburg könnte sie gar alle Konkurrenten überholen.
29 Prozent geben die Meinungsforscher von Infratest dimap den Sozialisten. Damit liegen sie knapp vor der SPD von Ministerpräsident Matthias Platzeck (28 Prozent) und deren Koalitionspartner CDU (26 Prozent) unter Innenminister Jörg Schönbohm. „Aber wenn die PDS stärkste Partei wird, ist das kein echter Sieg“, sagt der Potsdamer Politologe Jochen Franzke. „Denn sie wird nicht regieren.“
Die PDS sieht das natürlich anders. „Sollten wir stärkste Partei werden, dann stellen wir auch die Ministerpräsidentin“, sagte die Spitzenkandiatin der Partei, Dagmar Enkelmann. Bis 1998 saß die Historikerin als parlamentarische Geschäftsführerin der PDS im Bundestag. Ihren Wahlkampf konzentriert die 48-Jährige auf Hartz IV und wirbt mit dem Slogan „Weg damit!“. Enkelmann weiß, dass 72 Prozent der Brandenburger der rot-schwarzen Koalition einen miesen Job bescheinigen. Demonstrativ fährt sie den Jungen mit dem längsten Schulweg persönlich nach Hause: In Brandenburg müssen Schulen und Buslinien aus Geldmangel dichtmachen.
Trotz Enkelmann – eine Koalition aus SPD und CDU bleibt wahrscheinlich. Denn die PDS hat in Brandenburg zwei Probleme: Partner und Personal. SPD-Chef Matthias Platzeck sagt zwar immer wieder, man lege sich nicht auf einen Koalitionspartner fest. Aber als sicher gilt, dass er keinen Stärkeren neben sich duldet. Zudem haben es Enkelmann und Co sich durch ihren Wahlkampf mit der SPD verscherzt. Wollten zunächst viele SPDler gern die großmäulige CDU und den poltrigen Schönbohm loswerden, sind sie inzwischen mindestens ebenso sauer auf die PDS. Nicht nur der innenpolitische Sprecher der SPD, Werner Siegwart-Schippel, findet: „Was da an pauschaler Verleumdung kommt, ist zu viel.“
Zu wenig habe die PDS dagegen an guten und bekannten Leuten anzubieten, findet Parteienforscher Franzke: „Die Partei hat ein sehr dünne Personaldecke.“ SPD und CDU ätzen vor allem gegen die Spitzenkandidatin. „Enkelmann hat einfach nicht das nötige Format“, sagt SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Und CDU-Fraktionsvize Sven Petke tritt nach: Die ehemalige Miss Bundestag sei nur nominiert worden, „um eine blonde Person auf dem Wahlplakat zu haben“. Es kam sogar das Gerücht in die Zeitungen, die eigene Partei wolle Enkelmann nicht als Ministerpräsidentin. Die Parteispitze dementierte sofort. Zweifel blieben dennoch.
Ob die PDS überhaupt regieren will, ist fraglich. Schließlich müsste die Partei dann Hartz IV umsetzen. Deshalb wären einige Brandenburger Sozialisten wohl ganz froh, wenn sie nicht in die Regierung müssten. Parteichef Bisky sagt, auch als Opposition könne man sehr viel verändern. Verantwortlich gemacht werden, kann man allerdings für nichts.
DANIEL SCHULZ