piwik no script img

Archiv-Artikel

Anti-Hartz-Demos gegen zwanghaften Optimismus

Heute Proteste gegen Sozialabbau in mindestens 17 Städten in NRW. Die Arbeitsverwaltung setzt weiter auf Reformen

DÜSSELDORF taz ■ Während die Protestbewegung gegen den Sozialabbau weiter wächst, glaubt die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit an den Erfolg der Hartz-Gesetze. „Die Arbeitslosen werden flexibler“, so Werner Marquis, Sprecher des ehemaligen Landesarbeitsamts, am Samstag in Düsseldorf. Gerade der langjährige Vergleich zeige ein verstärktes Engagement der Arbeitssuchenden: „Eine verbesserte Selbsteinschätzung und die verstärkt geforderte Eigeninitiative erhöhen die Bereitschaft, wieder in Arbeit zu gehen“, meint Marquis. Seit Jahresbeginn hätten sich 310.000 Arbeitslose in eine Erwerbstätigkeit abgemeldet – rund 23.000 oder acht Prozent mehr als im Vorjahr.

Was der Sprecher verschweigt: Die Situation auf dem nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt bleibt katastrophal, die Arbeitslosenquote ist sogar im Vergleich zum witterungsbedingt strukturschwachen Dezember von 9,9 auf 10,3 Prozent gestiegen. Derzeit sind in NRW 903.000 Menschen arbeitslos gemeldet, rund 27.000 mehr als Ende 2003. Damit bewerben sich über 18 Arbeitssuchende auf jeden freien Job.

In 17 nordrhein-westfälischen Städten soll deshalb heute gegen die geplanten Sozialkürzungen der Hartz-Gesetze protestiert werden, etwa in Dortmund mit einem Zug vor die Arbeitsagentur. Auch in den Innenstädten von Köln, Bochum, Mülheim und Gelsenkirchen sind Demonstrationen geplant, weitere Proteste sind unter anderem für Essen, Duisburg, Hagen, Wuppertal und Solingen angekündigt. Die Landesregierung reagierte wie die Arbeitsverwaltung mit Zweckoptimismus und kündigte die Schaffung neuer Stellen an: Nach Ansicht von NRW-Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) können allein in der Seniorenwirtschaft bis 2015 rund 100.000 neue Jobs entstehen.

ANDREAS WYPUTTA